Reisebranche bereitet Sommerurlaube mit Impfpass und Schnelltests vor

27.02.2021 05:00

Obwohl keine Entspannung der Corona-Zahlen in Sicht ist, lockt die
Reisebranche mit der Aussicht auf Sommerurlaub am Mittelmeer. Mehr
Tests und ein digitaler Impfpass sollen das möglich machen.

Berlin (dpa) - Deutschlands Reiseveranstalter hoffen trotz der weiter
hohen Corona-Zahlen auf eine Reisewelle zur Sommersaison. Massenhafte
Schnelltests und ein digitaler Impfausweis sollen nach einem Jahr der
Krise eine dringend benötigte Trendwende im Tourismus herbeiführen.
Denn die Einbußen durch Corona machen den Unternehmen nach
Einschätzung des Deutschen Reiseverbands (DRV) angesichts des
monatelangen Lockdowns immer mehr zu schaffen.

Nach Angaben des DRV verzeichneten die deutschen Reiseveranstalter
und -büros im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von 80 Prozent,
im Januar sogar von mehr als 90 Prozent. DRV-Präsident Norbert Fiebig
appellierte daher: «Die Menschen, die endlich wieder raus möchten,
brauchen eine Perspektive, aber auch die Unternehmen, die Reisen
anbieten und vermitteln, sowie die fast drei Millionen Beschäftigten
im Tourismus.» Auch die Urlaubsländer seien auf Touristen angewiesen.

Hoffnung machen der Branche neben der Ankündigung von Schnelltests,
die jeder selbst durchführen kann, vor allem die Überlegungen der EU,
eine Art Corona-Impfpass für freies Reisen einzuführen. EU-Ratschef
Charles Michel sagte dazu nach einem Gipfeltreffen, die 27 Staaten
näherten sich in ihren Vorstellungen an. Welche Rechte an das
Dokument geknüpft sind, könne dann jedes Land für sich entscheiden.

«Reisen in Europa wird im Sommer 2021 möglich sein - sicher und
verantwortungsvoll», legte sich der Chef des Touristikkonzerns Tui,
Fritz Joussen, danach bereits fest. Die technische Entwicklung des
EU-Impfpasses soll allerdings noch rund drei Monate dauern. Und
geimpft sind bisher vor allem ältere und pflegebedürftige Menschen,
die im Sommer nicht unbedingt nach Mallorca oder Malta fliegen
werden. Dem Optimismus der Branche tut das jedoch keinen Abbruch.

«Ein europäischer Impfpass kann dabei helfen, Reisefreiheit
wiederherzustellen. Daran besteht kein Zweifel», sagte Joussen. Mit
Spanien, Griechenland und Zypern sei Tui bereits in enger Abstimmung
für die Sommersaison. Weitere Mittelmeer-Länder würden bald folgen.
Schon jetzt schlägt sich das Interesse am Urlaub Joussen zufolge
wieder stärker in «Buchungen und Umsatz» nieder.

Der Geschäftsführer von DER Touristik Deutschland, Mark Tantz,
bezeichnete den EU-Gipfel als Meilenstein. «Der digitale Impfpass
wird eine erhebliche Erleichterung für den Reiseverkehr und
insbesondere auf der Fernstrecke ein wichtiges Instrument werden»,
sagte er. Darüber hinaus werde eine ausgereifte Teststrategie «uns
bis zur Herdenimmunität in den Weg zur Normalität führen».

Auch die Lufthansa geht davon aus, dass Reisen in Gebiete mit
überschaubaren Infektionszahlen mit einer umfassenden Teststrategie
wieder möglich werden. International anerkannte digitale Impf- und
Testnachweise seien für das Wiederanlaufen des Flugverkehrs von hoher
Bedeutung, sagte eine Sprecherin.

Zurückhaltender schätzt dagegen der Reisekonzern FTI die Lage ein.
«Die Diskussion um den Impfpass ist aus unserer Sicht zu früh
angesetzt», sagte Manager Ralph Schiller. «Noch ist der Anteil an
Geimpften in der Bevölkerung viel zu gering, als dass ein Impfpass
zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Veränderung für die Reisebranche
und Urlauber bedeuten würde.»

Schiller gab zu bedenken, dass in den nächsten Monaten längst nicht
mit Gästezahlen wie vor Corona zu rechnen sei, wenn die Möglichkeit
zu verreisen an den Impfpass gekoppelt werde. Eine technische
Umsetzung des Passes bis Herbst wäre für ihn «vollkommen
ausreichend». Wichtiger seien kurzfristig breite Testmöglichkeiten.