EU startet Beschlussverfahren für neue Russland-Sanktionen

01.03.2021 14:38

Brüssel/Moskau (dpa) - Die EU hat das Beschlussverfahren für die
geplanten Sanktionen wegen der Inhaftierung des russischen
Kremlkritikers Alexej Nawalny eingeleitet. Die Strafmaßnahmen gegen
russische Verantwortliche treten damit höchstwahrscheinlich an diesem
Dienstag in Kraft, wie Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur
bestätigten. Da es zuletzt Konsens für das Vorgehen gegeben habe, sei
das am Montagvormittag eingeleitete schriftliche Verfahren nur noch
eine Formalie, hieß es. Schon nach dem Mordanschlag auf Nawalny hatte
die EU im vergangenen Jahr Sanktionen gegen Russland erlassen.

Als mögliche Betroffene der neuen Sanktionen gelten der russische
Generalstaatsanwalt Igor Krasnow und der Chef des zentralen
Ermittlungskomitees Alexander Bastrykin. Zudem werden auch der Chef
des Strafvollzugsdienstes, Alexander Kalaschnikow, sowie der
Befehlshaber der Nationalgarde, Viktor Solotow, genannt.

Der russische Vize-Außenminister Alexander Gruschko sagte, die neuen
Strafmaßnahmen kämen nicht überraschend. «Es wird eine Reaktion von

unserer Seite geben. Die EU geht weiter einen unrechtmäßigen Weg, das
ist eine absolute Sackgasse.» Russland reagierte auf Sanktionen der
EU in der Vergangenheit etwa mit Einreisesperren gegen leitende
Beamte.

Zur Verhängung der EU-Strafmaßnahmen soll erstmals ein neues, im
vergangenen Jahr in Brüssels geschaffenes Sanktionsinstrument genutzt
werden. Dieses ermöglicht es, in der EU vorhandene Vermögenswerte von
Akteuren einzufrieren, die schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen
begehen oder davon profitieren. Zudem würden unter anderem
EU-Einreiseverbote verhängt.

Der Kremlkritiker Nawalny war Anfang Februar in Moskau zu Lagerhaft
verurteilt worden. Er soll mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem
früheren Strafverfahren von 2014 wegen Betrugs und Veruntreuung von
Geldern verstoßen haben. Die EU hält das Urteil für unzulässig, wei
l
Nawalny sich nach einem Nervengift-Anschlag auf ihn mehrere Monate in
Deutschland behandeln lassen musste. Sie vermutet, dass der
Oppositionspolitiker politisch kalt gestellt werden soll.

Wegen des Anschlags auf Nawalny am 20. August 2020 hatte die EU
bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen
mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir
Putin verhängt. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche
Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen.