Präsidentin auf dem Sofa: Sitzordnung bei Erdogan sorgt für Kritik

06.04.2021 22:47

Ankara (dpa) - Die Sitzordnung bei dem Treffen des türkischen
Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und den EU-Spitzen in Ankara hat in
sozialen Medien für Irritationen und Kritik gesorgt. Während für
EU-Ratspräsident Charles Michel ein großer Stuhl neben dem türkischen

Staatschef reserviert war, bekam EU-Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen bei dem Gespräch am Dienstag einen Platz auf einem Sofa in
einiger Entfernung von Erdogan und Michel zugewiesen. Dort saß sie
dem türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu gegenüber, der ebenfal
ls
an dem Gespräch teilnahm.

Unter anderem auf Twitter wurde danach daran erinnert, dass der
frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei Treffen mit
Erdogan auf Augenhöhe sitzen durfte. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete
Cem Özdemir kommentierte: «Solche Zeichen setzen autoritäre
Unterdrücker & Machos wie #Putin, #Erdogan & Co bewusst. (...) Kann
man sich gefallen lassen, muss man nicht. Respekt bekommt man so
jedenfalls nicht bei den Herren!»

In der EU-Kommission wurde unterdessen darauf verwiesen, dass von der
Leyen das Treffen mit Erdogan genutzt habe, um mit ihm eine lange und
sehr offene Diskussion über Frauenrechte und den Rückzug der Türkei
aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen und Kinder vor
Gewalt zu führen. Offene Kritik an der Sitzordnung gab es zunächst
allerdings nicht. Als ein Grund gilt, dass Michel als Präsident des
Europäischen Rates in der protokollarischen Rangordnung über der
EU-Kommissionspräsidentin steht.

Bei dem Treffen mit Erdogan wollten die EU-Spitzen am Dienstag einen
möglichen Ausbau der Beziehungen zur Türkei ausloten. Hintergrund
sind Beschlüsse des EU-Gipfels vor eineinhalb Wochen. Bei ihm hatten
sich die EU-Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, die
Beziehungen zur Türkei schrittweise wieder auszubauen. Mit dem
Beschluss will die EU die Eskalation weiterer Konflikte abwenden.

In der Migrationspolitik und besonders im Rahmen des 2016
abgeschlossenen Migrationsdeals mit Ankara zählt die EU unter anderem
auf die Türkei als Partnerin, um Geflüchtete an der Weiterreise in
Richtung Europa zu hindern. Im vergangenen Jahr hatte sich zudem der
Streit zwischen Griechenland und der Türkei wegen umstrittener
Erdgasforschung Ankaras im östlichen Mittelmeer gefährlich
zugespitzt. Die EU hatte der Türkei im Dezember scharfe Sanktionen
angedroht. Ankara beendete später die umstrittenen Erdgaserkundungen
und signalisierte Gesprächsbereitschaft.