Von der Leyen will «Sofagate»-Situation nie wieder zulassen

12.04.2021 22:04

Brüssel (dpa) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will
nicht noch einmal eine Behandlung wie beim EU-Türkei-Treffen in der
vergangenen Woche akzeptieren. Von der Leyen habe in einem Gespräch
mit EU-Ratspräsident Charles Michel deutlich gemacht, dass sie eine
solche Situation nie wieder zulassen werde, hieß es am Montagabend in
Brüssel aus Kreisen der EU-Kommission. Michel ließ erklären, dass
sich ein solcher Vorfall auch aus seiner Sicht nicht wiederholen
dürfe. Ein Sprecher kündigte an, dass der Belgier an diesem Dienstag
bei einem Treffen mit Vertretern des Europaparlaments noch einmal
sein tiefes Bedauern zum Ausdruck bringen werde.

Bei dem Treffen am Dienstag vergangener Woche in Ankara war für
Michel ein großer Stuhl neben dem türkischen Staatschef Recep Tayyip
Erdogan reserviert. Von der Leyen bekam hingegen nur einen Platz auf
einem Sofa zugewiesen. In der EU-Kommission, aber auch in Teilen der
Öffentlichkeit wurde diese Sitzordnung als herabsetzend empfunden.
Michel wurde kritisiert, weil er nichts dagegen unternommen habe.

Der Ratspräsident erklärte daraufhin, dass eine enge Auslegung von
protokollarischen Regeln durch die Türkei zu der unterschiedlichen
Behandlung geführt habe. Er und von der Leyen hätten vor Ort
entschieden, die Sache nicht durch einen öffentlichen Eklat noch
schlimmer zu machen. In der Öffentlichkeit ist der Vorfall
mittlerweile auch unter dem Namen Sofagate bekannt.

Mit dem Verweis auf die protokollarischen Regeln hatte Michel daran
erinnert, dass die EU-Kommissionspräsidentin in der gängigen
protokollarischen Rangliste unter dem EU-Ratspräsidenten steht. Dies
führt zum Beispiel auch dazu, dass Michel bei gemeinsamen
Pressekonferenzen in der Regel zuerst das Wort bekommt. Die
Kommission beharrt dennoch darauf, dass von der Leyen bei dem Treffen
in Ankara auf Augenhöhe hätte platziert werden müssen.

Das Treffen zwischen Michel und von der Leyen fand nach Angaben der
EU-Kommission am späten Montagnachmittag statt. Wie Michel wird auch
von der Leyen am Dienstag zu einem Treffen mit dem Präsidenten des
EU-Parlaments und Fraktionsvorsitzenden erwartet. Michel will das
Treffen nach Aussagen seines Sprechers auch für einen Appell nutzen,
keine Spaltung der EU zuzulassen.