Unterhaltsansprüche nach einer Scheidung in England

Vor Verlassen Großbritanniens sollten alle Unterhaltsfragen geregelt sein

Ich werde mich von meinem Mann scheiden lassen. Er ist Brite und wir leben zur Zeit noch mit unserer sechsjährigen Tochter in London. Hier bin ich auch als Sekretärin tätig. Nach der Scheidung will ich mit dem Kind nach Deutschland zurückkehren und dort weiterarbeiten. Was muß ich bei der Rückkehr nach Deutschland beachten? Da mein Mann bereits zwei Kinder und damit Unterhaltsverpflichtungen aus erster Ehe hat, fürchte ich, daß er sich weigern könnte, den uns zustehenden Unterhalt zu zahlen. Wie kann ich meine Ansprüche dann durchsetzen?

Nach Ihrer Rückkehr nach Deutschland sollten Sie sich als erstes um Ihre Krankenversicherung kümmern. Dies ist problemlos, wenn Sie hier wieder eine Arbeit aufnehmen: Sie wären über Ihren Arbeitgeber versichert und könnten sich Ihre gesetzliche Krankenversicherung aussuchen. Falls Sie nicht sofort eine neue Stelle finden, sollten Sie sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig versichern. Dazu müssen Sie in den letzten fünf Jahren mindestens 24 Monate versichert gewesen sein oder vor Ihrem Antrag eine zwölfmonatige Krankenversicherung nachweisen können. Für Sie ist das ganz einfach: Ihre Versicherungszeiten im Britischen National Health werden dabei mitberücksichtigt. Für Ihren Antrag dürfen Sie sich nicht länger als drei Monate Zeit lassen, sonst erlischt Ihr Versicherungsanspruch!

Um die Rentenversicherung müssen Sie sich keine Gedanken machen. Die Rentenversicherungszeiten, die Sie in Großbritannien geleistet haben, gehen auch bei einem Umzug nach Deutschland nicht verloren. Nach der europäischen Verordnung über die soziale Sicherheit erkennen die Versicherungsträger in der EU die Zeiten aus einem anderen EU-Land an. Wenn Sie später Ihren Rentenantrag in Deutschland stellen, erhalten Sie einen Teil Ihrer Rente aus Großbritannien, den anderen Teil aus Deutschland.

Arbeitslosenleistungen werden Sie in Deutschland dagegen nur bekommen, wenn Sie sich von Ihrer englischen Stelle eine Arbeitsbescheinigung ausstellen lassen, von dem dortigen Arbeitsamt sich auf dem Formular "E 301" ihre anrechnungsfähigen Versicherungszeiten bestätigen lassen und für eine kurze Zeit auch in Deutschland gearbeitet haben. Nur dann lässt sich der Anspruch mitnehmen. Oder Sie lassen sich für eine Arbeitssuche in Deutschland das Formular "E 303" ausstellen. Für eine Dauer von drei Monaten könnten Sie sich in Deutschland auf die Suche nach einer neuen Stelle begeben und erhielten dabei weiter Ihr Arbeitslosengeld (unemployment benefit) aus Großbritannien.

Zur Schulfrage: Da in England die Schulpflicht bereits im Alter von fünf Jahren beginnt, könnte es durchaus sein, daß Ihre Tochter ihren neueingeschulten Alterskameraden im Schulstoff voraus ist. Sie sollten deshalb schon jetzt mit der Schulbehörde und den Lehrern der Grundschule sprechen, in die Ihre Tochter nach Ihrer Rückkehr gehen soll. Sie können Ihnen sagen, ob eine Einschulung in die zweite Klasse für Ihre Tochter sinnvoll ist. Erfahrungsgemäß verkraften jüngere Schüler eine solche Umstellung häufig besser als ältere.

Während die Schul- und Sozialversicherungsfragen eher einfach zu lösen sind, könnte der Unterhalt zu Ihrem Hauptproblem werden. Wenn sich Ihr Mann irgendwann einmal weigern sollte, Ihnen oder Ihrem Kind Unterhalt zu zahlen, wird es für Sie sehr kompliziert, zu Ihrem Geld zu kommen.

Welches Gericht in grenzüberschreitenden Scheidungsfällen für die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen zuständig ist, regelt nämlich das "Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsabkommen" (EuGVÜ). Nach diesem Abkommen werden Klagen wegen Unterhaltszahlungen in dem Land erhoben, in dem der Anspruchsberechtigte lebt. Sie könnten Ihren Mann also im Streitfall auch vor einem deutschen Gericht verklagen. Gibt das Gericht Ihnen Recht, hätten Sie damit einen rechtskräftigen "Titel" in der Hand, mit dem ein deutscher Gerichtsvollzieher das Geld von Ihrem Mann eintreiben könnte - wenn dieser in Deutschland lebte. In England kann ein in Deutschland zugelassener Gerichtsvollzieher nicht gegen Ihren Mann vorgehen.

Um tatsächlich an Ihr Geld zu kommen, müßten Sie deshalb den deutschen Titel zunächst von einem britischen Gericht mit einer sogenannten "Vollstreckungsklausel" versehen lassen. Damit könnte dann erst ein britischer Gerichtsvollzieher bei Ihrem Mann in London pfänden gehen. Zwar vereinfacht die "Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen" das Verfahren der Anerkennung. Aber es bleibt insgesamt immer noch eine sehr komplizierte und langwierige Prozedur, die Sie von vornherein versuchen sollten, zu vermeiden.

Bevor Sie Großbritannien verlassen, ist deshalb das wichtigste: Regeln Sie alle mit der Scheidung und dem Unterhalt zusammenhängenden Fragen sehr genau. Um späteren Streit und Unklarheiten von vornherein zu vermeiden, sollten Sie dabei unbedingt einen Anwalt mit Erfahrung im internationalen Privatrecht zu Rate ziehen.

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Unterhaltsansprüche in England und Wales