Der Meistertitel in der Deutschen Handwerksordnung

Bei der deutschen Handwerksordnung gilt noch: nur wer den Meisterbrief vorweisen kann, darf sich selbständig machen

Ich lebe in Berlin und arbeite bereits seit sieben Jahren in einer Gitarrenbauwerkstatt. Eine besondere Ausbildung habe ich allerdings nicht gemacht. Demnächst möchte ich mich selbständig machen. Ich habe von französischen Kollegen gehört, dass diese sich auch ohne Meisterbrief hier niederlassen durften. Kann ich das auch? Gilt im europäischen Binnenmarkt die deutsche Handwerksordnung weiter?

Wer in Deutschland einen eigenen Handwerksbetrieb eröffnen will, muß Meister sein - so legt es die deutsche Handwerksordnung nach wie vor fest. Diese Regel gilt auch für den Musikinstrumentenbau: Ebenso wie jeder Schlagzeugmacher oder Geigenbauer müssen Sie als "Zupfinstrumentenmacher" den Meisterbrief vorweisen können, bevor Sie sich in Deutschland selbständig machen können. Ohne den Titel wird Ihnen die Handwerkskammer die Aufnahme in die "Handwerksrolle" verweigern.
Daran ändert auch der europäische Binnenmarkt nichts. Unionsbürger aus einem anderen Mitgliedstaat können schon seit den sechziger Jahren die fehlende Meisterprüfung durch Berufserfahrung ersetzen. Dazu müssen sie nachweisen,

- sechs Jahre lang Ihre eigene Bäckerei geführt haben oder als Betriebsleiter tätig waren oder
- nach einer mindestens dreijährigen Ausbildung weitere drei Jahre als Selbständiger oder Betriebsleiter gearbeitet haben oder
- mindestens drei Jahre selbständig und fünf Jahre unselbständig den Bäckerberuf ausgeübt haben oder
- nach einer dreijährigen Ausbildung mindestens fünf Jahre lang in einer leitenden Stellung in einem Bäckereibetrieb tätig waren.
Außerdem wird geprüft, ob die Tätigkeit im Ausland mit dem in Deutschland vorherrschenden Berufsbild übereinstimmt. Die Bewerber erhalten dann eine Ausnahmebewilligung, mit der sie trotz fehlenden Meisterbriefes in die Handwerksrolle aufgenommen werden. Auch Deutsche, die im EU-Ausland lange genug selbständig einen Handwerksbetrieb geführt haben oder leitend tätig waren, profitieren von diesen Bestimmungen.
Damit wurde die deutsche Handwerksordnung an die Erfordernisse des Binnenmarktes und der Freizügigkeit in der Europäischen Union angepasst. Da es in den meisten anderen EU-Staaten einen mit der Meisterprüfung vergleichbaren Abschluss in Handwerksberufen nicht gibt, wäre die deutsche Handwerksordnung sonst ein unüberwindliches Hindernis für Handwerker aus anderen EU-Staaten. Viele, die sich ohne Meisterbrief hier selbständig machen wollen, haben dies als "Inländerdiskriminierung" angeprangert, z.B. der Berufsverband unabhängiger Handwerker und Handwerkerinnen. Auch aus diesem Grund hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Änderung der Handwerksordnung vorgelegt. Danach sollen nur noch in den Berufen, dei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können, Meisterprüfungen zwingend vorgeschrieben werden. Da diese Gesetzesänderung allerdings mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen werden muss, kann es für Sie noch etwas dauern. Allerdings könnte auch für einige Berufe eine sogenannte Altgesellenregelung greifen, d.h. Gesellen mit einer noch festzulegenden Anzahl Jahren Berufserfahrung dürfen sich dann selbständig machen.
Doch noch ist es für Sie nicht so weit und da hilft dann auch das europäische Recht nicht weiter. Wer wie Sie seine Berufserfahrungen in Deutschland gesammelt hat, muss deshalb nach wie vor den Meistertitel vorweisen.

Weitere Informationen

Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH)
Euro Info Center
Mohrenstraße 20/21
10117 Berlin
Tel.: 030 20619-0
Fax: 030 20619-460
E-Mail: info@zdh.de
http://www.zdh.de
http://www.eic.de

Berufsverband unabhängiger Handwerker und Handwerkerinnen
http://www.buhev.de