Mehrwertsteuer im grenzüberschreitenden Versandhandel

Die Mehrwertsteuer darf nur einmal berechnet werden

Ich lebe in Südtirol und habe vor einigen Wochen eine Polstergarnitur bei einem deutschen Versandhandel bestellt. Im Katalogpreis war die deutsche Mehrwertsteuer bereits enthalten. Auf der Rechnung wurde nun noch zusätzlich die italienische Mehrwertsteuer ausgewiesen. Muß ich zweimal Mehrwertsteuer zahlen?

Wie beim Kauf in Deutschland gilt auch für den grenzüberschreitenden Versandhandel im EU-Binnenmarkt: Mehrwertsteuer darf nur einmal berechnet werden. Auf keinen Fall darf ein deutsches Versandunternehmen von Ihnen für Ihre Polstergarnitur sowohl die deutsche als auch die italienische Mehrwertsteuer verlangen.

Die Frage, ob Sie die deutsche oder die italienische Mehrwertsteuer zahlen müssen, ist allerdings nicht so leicht zu beantworten. Grundsätzlich werden beim privaten Einkauf im Binnenmarkt die Mehrwertsteuern in dem Land berechnet, in dem die Ware erworben wird. Diese Regel gilt prinzipiell auch für den Versandhandel. Eine Ausnahme stellen die Produkte dar, auf die Abgaben erhoben werden (z.B.Tabak und Alkohol). Sie werden zu den Mehrwertsteuer- und Abgabensätzen des Wohnsitzlandes versteuert.

Allerdings: Ein Versandhaus darf nur so lange den Steuersatz des Kauflandes - in Ihrem Falle Deutschlands - berechnen, wie seine Gesamtverkäufe in das jeweilige Exportland einen bestimmten Schwellenbetrag nicht überschreiten. Verkauft das Unternehmen mehr, muss es den Mehrwertsteuersatz des Bestimmungslandes - in Ihrem Falle also Italiens - verlangen. Mit dieser Ausnahmeregelung wollten die Mitgliedstaaten verhindern, dass sich die Versandunternehmen die großen Unterschiede bei den Mehrwertsteuersätzen in den einzelnen Mitgliedstaaten der Union zunutze machen.

Dass der deutsche Versandhandel auf der Rechnung für Ihre Polstergarnitur den italienischen Mehrwertsteuersatz ausgewiesen hat, kann also durchaus richtig sein. Dabei muss er allerdings den deutschen Preis ohne Mehrwertsteuer zugrunde legen. Die italienische Mehrwertsteuer muß also auf der Basis des Katalogpreises abzüglich der deutschen Mehrwertsteuer berechnet werden. In Ihrem Fall hat das Versandunternehmen offensichtlich die italienische Mehrwertsteuer einfach auf den Gesamtkatalogpreis aufgeschlagen und damit den Preis Ihrer Polstermöbel in aller Stille um 19 Prozent erhöht.

Diese fragwürdige Praxis müssen Sie nicht akzeptieren. Bevor Sie Ihre Rechnung begleichen, sollten Sie sich unbedingt an eine Verbraucherzentrale oder die italienische Clearingstelle wenden. Um Ihnen keine falschen Hoffnungen machen: Haben Sie erst einmal bezahlt, wird es für Sie sehr schwierig werden, Ihr Geld zurückzubekommen. Am besten, Sie setzen sich deshalb noch einmal mit dem betroffenen Unternehmen selbst in Verbindung. Manchmal wirkt ein Anruf Wunder.

Um solchen Schwierigkeiten von vornherein aus dem Wege zu gehen, sollte man sich bei Versandbestellungen im EU-Ausland immer vorab erkundigen, welchen Endpreis man zu zahlen hat, und sich ein schriftliches Angebot geben lassen. Nach der europäischen "Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz" ist der Händler verpflichtet, umfassende Informationen rechtzeitig vor Vertragsabschluss bereitzustellen. Dazu zählt auch die Angabe des Preises inklusive Mehrwertsteuer.

Weitere Informationen

Italienische Clearingstelle
Centro Europeo Consumatori
Via Brennero, 3
I - 39100 BOLZANO
Tel. +39.0471.980939
Fax.+39.0471.980239
E-Mail: info@euroconsumatori.org
http://www.euroconsumatori.org

Zoll-Infocenter
Friedrichsring 35
63069 Offenbach am Main
Tel.: 069/469976-00
Fax: 069/469976-99
http://www.zoll.de

Die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V.
Elsenstraße 106
12435 Berlin
Tel: 030-53 60 73-3
Fax: 030-53 60 73-45
E-mail: mail@verbraucher.org
http://verbraucher.org/





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