Kündigung wegen US-Sanktionsdrohung? Telekom droht Schlappe vor EuGH

12.05.2021 11:39

Luxemburg (dpa) - Eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom
könnte nach Einschätzung eines Generalanwalts des Europäischen
Gerichtshofs zu Unrecht Verträge mit der Hamburger Niederlassung
einer iranischen Bank gekündigt haben. Wenn die Kündigung nur
ausgesprochen wurde, um mögliche Sanktionen der USA zu vermeiden,
sollte die Kündigung für nichtig erachtet werden, argumentierte
Generalanwalt Gerard Hogan am Mittwoch in Schlussanträgen zu einem
laufenden Verfahren.

Es gilt demnach die sogenannte Blocking-Verordnung der EU. Diese
verbietet es europäischen Unternehmen unter Androhung von Strafen,
ausschließlich aus Angst vor US-Sanktionen Geschäftsbeziehungen zum
Iran abzubrechen. So soll verhindert werden, dass die USA das mit der
Regierung in Teheran abgeschlossene Abkommen zur Verhinderung einer
iranischen Atombombe durch ihren einseitigen Ausstieg und die
Wiedereinführung von Sanktionen zum Scheitern bringen.

Die Verordnung regelt zudem, dass europäische Unternehmen für
mögliche Kosten und Verluste durch sogenannte US-Sekundärsanktionen
Entschädigung verlangen können. Mit der Androhung dieser
extraterritorialen Sanktionen wollen die USA eigentlich Unternehmen
auf der ganzen Welt dazu zwingen, sich an die US-Strafmaßnahmen gegen
den Iran zu halten.

Ein Urteil in dem Verfahren vor dem EuGH wird in den kommenden
Monaten erwartet. Auf dessen Grundlage wird dann das Hanseatische
Oberlandesgericht Hamburg über den konkreten Fall entscheiden müssen.
Nach EuGH-Angaben hat die Telekom Deutschland in dem Verfahren
bislang argumentiert, dass die Blocking-Verordnung nicht ihr Recht
berühre, die ordentliche Kündigung eines Vertrages ohne Angabe von
Gründen zu erklären.

Die Bank Melli Iran macht hingegen vor Gericht geltend, dass die
Kündigung unwirksam sei und argumentiert, dass die von Telekom
Deutschland bereitgestellten Dienstleistungen die ausschließliche
Grundlage der internen und externen Kommunikationsstrukturen der Bank
in Deutschland bildeten und daher für die Geschäftstätigkeit
unerlässlich seien.