EuGH: Keine Festnahme nach gültigem Verfahren trotz Interpol-Gesuch

12.05.2021 13:39

Luxemburg (dpa) - Die Festnahme einer von Interpol gesuchten Person
verstößt nach einem Gerichtsurteil gegen EU-Recht, wenn es wegen der

fraglichen Tat in einem Schengen- oder EU-Land bereits ein
Gerichtsverfahren gegeben hat. In diesem Fall widerspreche die
Festnahme dem Verbot der Doppelbestrafung, urteilte der Europäische
Gerichtshof am Mittwoch in Luxemburg. In Fällen, in denen jedoch
fraglich sei, ob dieses Verbot greife, könne eine vorläufige
Festnahme einen «unerlässlichen Zwischenschritt darstellen, um die
insoweit erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen und zugleich der
Gefahr zu begegnen, dass die Person flüchtet», heißt es in dem
Urteil. (Rechtssache C-505/19)

Hintergrund ist die Klage eines ehemaligen deutschen Managers vor dem
Verwaltungsgericht Wiesbaden. Er klagt darauf, dass er bei Reisen in
andere Länder der EU und des Schengen-Raums nicht wegen alter
Vorwürfe verhaftet werden dürfe. Das Gericht gab die Frage an den
Europäischen Gerichtshof weiter. Wegen einer Verwicklung in
Bestechungszahlungen in Argentinien in den Nullerjahren wurde gegen
den Mann ermittelt. Das Strafverfahren war 2009 in Deutschland gegen
Zahlung einer Geldbuße eingestellt worden. Eine amerikanische
Staatsanwaltschaft, die parallel ermittelt hatte, richtete ein
Festnahmeersuchen an Interpol.

Der Kläger beruft sich darauf, für eine Tat nicht zweimal bestraft
werden zu dürfen. Dies schließt seiner Meinung nach auch ein, dass er
nicht wegen eines US-Auslieferungsersuchens über Interpol
festgenommen werden dürfte.