EU-Parlament kritisiert korruptes «Regime» - Russland empört

16.09.2021 14:09

Straßburg/Moskau (dpa) - Das Europaparlament in Straßburg hat
Russland in einem neuen Bericht als korruptes «Regime» bezeichnet und
damit prompt Moskaus Kritik auf sich gezogen. «Das Wesen dieses
Dokumentes kann nur Bedauern auslösen», sagte Kremlsprecher Dmitri
Peskow am Donnerstag. Es gebe «leider» keinen Akzent darauf, dass
Probleme und Meinungsunterschiede auf dem Weg des Dialogs in
unterschiedlichen Kanälen gelöst werden müssen. Die Parlamentarier in

Straßburg hatten die EU in dem verabschiedeten Bericht aufgerufen,
sich gegen die «aggressive Politik des Kremls» zu wehren.

Das Parlament betonte, es unterscheide «zwischen dem russischen Volk
und dem russischen Regime von Präsident Putin als stagnierende
autoritäre Kleptokratie, angeführt von einem Präsidenten auf
Lebenszeit, umgeben von einem Kreis von Oligarchen». Eine
«Kleptokratie» ist ein System, in dem sich die Mächtigen unter
Ausnutzung ihrer Privilegien persönlich bereichern. Die
Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft soll demnach gestärkt
werden, um demokratische Kräfte in Russland zu fördern.

Der Text, der nur eine Empfehlung für die EU ist, sei mit 494 Stimmen
bei 103 Gegenstimmen und 72 Enthaltungen angenommen worden, hieß es.
Aufgefordert wird die EU zudem, ihre Abhängigkeit etwa vom Gas und Öl
der Energiegroßmacht Russland zu verringern. Die EU müsse ihre
Möglichkeiten erweitern, um «Ströme schmutzigen Geldes aus Russland
aufzudecken und um die versteckten Reichtümer und Vermögenswerte
offenzulegen, die sich in den EU-Mitgliedstaaten im Besitz von
Autokraten des russischen Regimes und korrupten Oligarchen befinden».

Mit Blick auf die Parlamentswahl in Russland, die an diesem Freitag
beginnt und bis Sonntag dauert, riefen die Abgeordneten dazu auf, die
Ergebnisse im Fall von Betrug nicht anzuerkennen. Der Chef des
Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Leonid Sluzki, kritisierte
den Bericht als Wahl-Einmischung. «Das ist totaler politischer und
rechtlicher Nonsens», sagte er.

Dagegen lobte die von der Wahl ausgeschlossene Opposition um den
inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny den Bericht des EU-Parlaments
als zutreffend. «Gut, dass das Regime Putins endlich bei seinem Namen
genannt wird», sagte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch.