EU-Parlament dringt auf unabhängiges Ethik-Gremium

16.09.2021 17:32

Straßburg (dpa) - Interessenkonflikte und Korruption in
EU-Institutionen sollen auf Drängen des EU-Parlaments in Zukunft von
einem unabhängigen Gremium überwacht werden. Das Parlament nahm am
Donnerstag in Straßburg einen Bericht des Grünen-Abgeordneten Daniel
Freund an, der die EU-Kommission dazu auffordert, eine entsprechende
Vereinbarung für die EU-Institutionen auszuarbeiten. «Wir feiern
heute einen großen Erfolg für saubere Politik in der Europäischen
Union», sagte Freund. Es dürfe nie der Eindruck entstehen, «dass
Politik für zahlkräftige Einzelinteressen käuflich ist».

Bislang überwachen die einzelnen Institutionen selbst, ob die Lobby-
und Ethikregeln in ihrem Haus eingehalten werden. Diese Art der
Selbstkontrolle ist nach Ansicht von Kritikern wenig effektiv. Immer
wieder wird bemängelt, dass ehemalige EU-Kommissare oder Abgeordnete
kurz nach ihrer Amtszeit als Lobbyisten tätig werden. Im Fokus der
Kritik stand mehrfach der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger,
dessen Amtszeit 2019 endete. Der Ethikausschuss der EU-Kommission
genehmigte Oettinger seitdem mehr als zehn Jobs - obwohl Kritiker
Interessenkonflikte mit seiner vorherigen Tätigkeit in Brüssel sehen.


«Das neue Ethik-Gremium kann die guten europäischen Regeln für
Lobbykontrolle endlich glaubwürdig durchsetzen», betonte Freund. Dem
Gremium sollen neun Mitglieder angehören. Es soll Untersuchungen
einleiten können, die EU-Kommissare, Abgeordnete oder Angehörige
anderer Institutionen betreffen, die sich der Vereinbarung
anschließen. Seine Empfehlungen soll es öffentlich machen können.

Die christdemokratische EVP-Fraktion im Europaparlament, der auch CDU
und CSU angehören, hatte vor der Abstimmung angekündigt, sich zu
enthalten. Der CDU-Abgeordnete Rainer Wieland erklärte, es sei
zentrale Aufgabe eines Parlaments, Regierungen zu überprüfen. Ein
Ethik-Gremium dürfe dabei nur mit nicht-bindenden, vertraulichen
Vorschlägen unterstützen. Helmut Scholz von der Linken beklagte
hingegen das Fehlen von Befugnissen, weil das Gremium Sanktionen nur
empfehlen und nicht selbst verhängen dürfe.