Orban eröffnet Wahlkampf in Ungarn mit Brandrede - Feindbild Brüssel

23.10.2021 19:20

Budapest (dpa) - Mit dem organisierten Aufmarsch Zehntausender
Anhänger aus dem ganzen Land und einer Brandrede gegen die EU hat der
ungarische Regierungschef Viktor Orban am Samstag seine Kampagne für
die Parlamentswahl im kommenden Frühjahr eröffnet. Die Institutionen
der Europäischen Union würden den Bürgern Ungarns und Polens
vorschreiben wollen, wie sie zu leben hätten, erklärte der
rechtsnationale Politiker im Zentrum von Budapest.

«Die hohen europäischen Würdenträger wollen uns zu «Europäern
», zu
(gegenüber sexueller Diversität) «Sensibilisierten», zu Liberalen
prügeln», sagte er. Doch wenn es darum geht, «die Heimat, die
Familie, die Kultur, die Freiheit des alltäglichen Lebens zu
verteidigen», müsse jeder seinen Beitrag leisten. «Wenn die Zeit
kommt, stellt euch vor eure Häuser und verteidigt sie!», fügte er
hinzu.

Orban regiert mit der Fidesz-Partei seit fast zwölf Jahren in Ungarn.
Kritiker werfen ihm den Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
sowie Korruption und Vetternwirtschaft vor. Seine Regierung ist in
zahlreiche schwere Konflikte mit der EU verwickelt, so etwa in
Hinblick auf den Zustand des Rechtsstaats in Ungarn.

Die Kundgebungsteilnehmer waren in Bussen aus dem ganzen Land, aber
auch aus Rumänien, Polen und Italien nach Budapest gebracht worden.
Hunderte Busse parkten am Rand der wichtigsten Straßenzüge der
Innenstadt. Ungarn beging am Samstag einen Nationalfeiertag. Am 23.
Oktober 1956 war der Volksaufstand gegen die kommunistische
Herrschaft ausgebrochen. Er wurde nach wenigen Tagen von sowjetischen
Truppen blutig niedergeschlagen.

Etwa zwei Kilometer entfernt von Orbans Kundgebung versammelten sich
mehrere Tausend Anhänger der Opposition. Sechs Parteien von
links-grün bis rechtskonservativ wollen bei der Wahl 2022 geschlossen
angetreten. In einer selbst organisierten Vorwahl war eine Woche
zuvor der parteilose Bürgerliche Peter Marki-Zay zum gemeinsamen
Spitzenkandidaten gewählt worden.

Als Schlussredner der Kundgebung schwor Marki-Zay das
Oppositionsbündnis darauf ein, weiterhin Geschlossenheit zu zeigen:
«Alles läuft auf eine einzige Frage hinaus: Fidesz oder
Nicht-Fidesz.»