Neue Runde für Rechtsstreit um Beihilfen für Flughafen Hahn

24.10.2021 03:35

Mit seinem Antrag auf Insolvenz hat der Flughafen Hahn bundesweit
Aufsehen erregt. Zuvor hat er Steuermillionen kassiert, die nun das
höchste Gericht in der EU beschäftigen.

Hahn (dpa) - Während der Hunsrück-Flughafen Hahn Insolvenz angemeldet
hat, ist der Rechtsstreit um millionenschwere Beihilfen des Landes
Rheinland-Pfalz für ihn in eine neue Runde gegangen. Gegen ein Urteil
des EU-Gerichts vom 19. Mai hat das Land Rechtsmittel eingelegt, wie
das Innenministerium in Mainz der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
«Auch die Europäische Kommission wendet sich gegen das Urteil und hat
Anschlussrechtsmittel zum EuGH (Europäischen Gerichtshof)
eingereicht», hieß es. Der Rechtsstreit könnte sich somit hinziehen.


Möglich ist aber auch, dass die EU-Kommission eine umfassendere
Prüfung der Beihilfe vornimmt, die dann zu einer neuen Genehmigung
führt. Ob der Hahn die früheren Beihilfen der Steuerzahler
zurückzahlen muss, könnte daher noch lange offen bleiben.

Ob künftige Finanzhilfen des Landes Rheinland-Pfalz für die Rettung
des Hunsrück-Airports möglich sind, hängt laut Innenministerium vom
Sanierungskonzept ab: «Dabei wäre insbesondere der Rahmen des
Europäischen Beihilferechts zu beachten.» Inzwischen hat am Hahn ein
vorläufiger Insolvenzverwalter das Sagen. Der Flughafen gehört zu
82,5 Prozent dem chinesischen Konzern HNA und zu 17,5 Prozent dem
Land Hessen. Erst vor kurzem hatten seine Betreibergesellschaft und
vier verbundene Firmen Insolvenz angemeldet.

Das EU-Gericht hatte im Mai die Genehmigung einer früheren Beihilfe
des Landes Rheinland-Pfalz für den Flughafen gekippt: Die
EU-Kommission habe nicht ausreichend geprüft, ob die öffentliche
Zuwendung mit den Regeln für den Binnenmarkt vereinbar sei. Die
Brüsseler Behörde hatte Rheinland-Pfalz erlaubt, von 2017 bis 2021
Betriebsverluste von bis zu 25,3 Millionen Euro zu decken. Die
Lufthansa, die den Hahn nicht nutzt, sieht die Unterstützung als
wettbewerbsverzerrend an und hatte geklagt. Das EU-Gericht urteilte,
die EU-Kommission habe die Zusammenhänge der Einzugsgebiete der 115
Kilometer voneinander entfernten Flughäfen Frankfurt am Main und Hahn
unzureichend geprüft. Auch Fragen zu den Geschäftsmodellen beider
Airports blieben offen.

Bislang hat Rheinland-Pfalz dem Flughafen Hahn für 2017 und 2018
insgesamt 10,2 Millionen Euro Betriebsbeihilfen überwiesen. Der
Steuerzahlerbund verlangte nach eigenen Angaben im Juni 2021 von der
Landesregierung, die «rechtswidrigen Betriebsbeihilfen» zur
Sicherheit vom Hahn zurückzufordern, «bevor diese in einer möglichen

Insolvenz verloren gehen». Sollten sie «nun unrettbar verbrannt sein,
wird sich wohl die Frage nach einer Untreue stellen».

Das Innenministerium verwies indessen auf die Rechtsmittel gegen das
noch nicht rechtskräftige Urteil des EU-Gerichts: «Erst mit Abschluss
der Verfahren wird sich endgültig herausstellen, ob die Genehmigung
der Europäischen Kommission fehlerhaft war oder nicht und ob die
Betriebsbeihilfen für die Jahre 2017 und 2018 letztlich zu Recht der
Flughafengesellschaft ausgezahlt worden sind. Eine vorsorglich
erfolgte Rückforderung wäre mit der Gefahr verbunden gewesen, einen
Insolvenzgrund überhaupt erst auszulösen.»