Julia Timoschenko: EU-Wunsch Grund für russische Aggression

20.05.2022 08:29

Augsburg (dpa) - Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia
Timoschenko sieht im dem Wunsch ihres Landes nach einem EU-Beitritt
den Grund für den russischen Angriffskrieg. «Wir sind das einzige
Land, das heute mit dem Leben seiner Bürger und mit seinem Blut für
den Wunsch bezahlt, in die europäische Heimat zurückzukehren», sagte

sie der «Augsburger Allgemeinen» (Freitagsausgabe). «Es handelt sich

ja nicht um ein neues Ziel der Ukrainer. Sie bekunden schon lange
klar ihren Willen, wieder Teil Europas zu werden. Das ist der Grund,
warum Putin den Krieg begonnen hat.»

Timoschenko zweimal Regierungschefin der Ukraine. Bekannt wurde sie
2004 international - damals noch mit geflochtenem Haarkranz - als
Gesicht der prowestlichen Orangenen Revolution. Timoschenko saß auch
bereits zweimal im Gefängnis. Die Politikerin trat 2019 zum dritten
Mal bei der Präsidentenwahl in der Ukraine an, unterlag aber bereits
im ersten Wahlgang.

Sie wisse um die Probleme in ihrem Land. «Ich akzeptiere, dass wir
die Korruption bekämpfen müssen, aber ich protestiere, wenn sie als
Vorwand angeführt wird, um dem Kandidatenstatus kein grünes Licht zu
geben», sagte die 61-Jährige.

Die Schaffung einer neuen politischen Gemeinschaft, in der die
Ukraine einen Platz finden könne, lehnte Timoschenko in dem
Zeitungsinterview ab: «Wir wollen keinen Ersatz. Wir wollen nicht,
dass für die Ukraine ein spezielles europäisches Getto geschaffen
wird», sagte sie. «Der Moment ist gekommen, sich dem Kreml und dessen
Erpressung entgegenzustellen. Das ist eine Wahl zwischen den Werten
und dem Preis, den man bereit ist, zu bezahlen. Es ist an der Zeit zu
beweisen, dass das ganze Gerede über Werte wahrhaftig ist.»