WWF-Report: EU ist teurer Supermarkt statt Kornkammer der Welt

23.05.2022 02:45

Brüssel (dpa) - Einem neuen Bericht der Umweltschutzorganisation
WWF zufolge trägt die Landwirtschaft in der EU nur bedingt zur
weltweiten Lebensmittelversorgung bei. «Derzeit sind wir der teure
Supermarkt, nicht die Kornkammer der Welt», kritisiert
WWF-Ernährungsexpertin Tanja Dräger. Hintergrund sei unter anderem,
dass die EU vor allem hochwertige Lebensmittel wie Schokolade
oder Fleisch exportiere, aber günstige Produkte wie Kakao oder
Futtermittel importiere. «In vielen Ländern der Erde brauchen die
Menschen Korn, nicht Corned Beef und Chardonnay», so Dräger.

Der am Montag unter dem Titel «Europe eats the world» (etwa: «Eur
opa
isst die Welt») veröffentlichte Bericht betont, die Länder der EU
führten mehr Kalorien und Proteine - unter anderem in Form
von Tierfutter - ein, als sie in andere Regionen verkauften. So
entzögen sie anderen Märkten 11 Prozent der Kalorien und 26 Prozent
der Proteine.

Die Umweltschützer fordern ein deutliches Umdenken der
EU-Landwirtschaft. Nur ein nachhaltigeres Lebensmittelsystem sei in
der Lage, künftig die Ernährungssicherheit im In- und Ausland zu
gewährleisten. Derzeit ende beispielsweise mindestens die Hälfte der
Getreideproduktion in der EU als Futter im Trog. «Die EU muss anders
produzieren und konsumieren. Die Tierbestände müssen zum Beispiel
sinken, der Anteil an Fläche für den Anbau von Getreide,
Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst für den menschlichen Verzehr muss
steigen», forderte Dräger.

Der Bericht kritisiert zudem Lebensmittelverschwendung auf Farmen.
Weltweit gingen Schätzungen zufolge 1,2 Milliarden Tonnen für
Menschen vorgesehene Lebensmittel während oder kurz nach der Ernte
verloren. Dies seien rund 15 Prozent der gesamten
Lebensmittelproduktion. Zu den Gründen zählten etwa regionale
Überproduktion, Extremwetter oder Anforderungen des Einzelhandels.