Unternehmerverbände fordern Ablehnung von Öl-Embargo

24.05.2022 10:53

Berlin (dpa) - Wegen Versorgungsrisiken für Ostdeutschland warnen
Unternehmerverbände in Berlin und Brandeburg dringend vor einem
Öl-Embargo der Europäischen Union gegen Russland. Deutschland dürfe
dem EU-Plan nicht zustimmen, forderten der Unternehmensverband
Berlin-Brandenburg und die Unternehmervereinigung Uckermark am
Dienstag gemeinsam. Sie warfen Bundeswirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) vor, die Probleme zu bagatellisieren.

Ostdeutschland wäre von einem Öl-Embargo besonders betroffen, weil
die beiden großen Raffinerien in Leuna und Schwedt bisher mit
russischem Öl versorgt werden. Die Unternehmerverbände zweifeln an,
dass Habeck ausreichende alternative Quellen insbesondere für den
Betrieb der PCK-Raffinerie in Schwedt findet. Vielmehr könne die
Anlage mit Öl aus neuen Versorgungswegen über Rostock und Danzig wohl
nur zu 60 bis 65 Prozent ausgelastet werden, und das wäre
unwirtschaftlich, argumentieren die Verbände.

Auch die «Idee des Bundeswirtschaftsministeriums, die Rosneft-Anteile
an der PCK Raffinerie GmbH zu enteignen, halten wir für hochriskant»,
hieß es weiter. «In diesem Fall wäre eine sofortige Aussetzung der
Lieferung durch Vertragsbruch wahrscheinlich.» In der Folge könnten
bisher in der Raffinerie hergestellte Produkte fehlen, darunter drei
Millionen Tonnen Benzin und 3,8 Millionen Tonnen Diesel pro Jahr
sowie Heizöl, Kerosin und Industriechemikalien.

«Ein Boykott von russischem Öl schadet uns mehr als Russland», klagen

die Verbände. «Die auf Selbstzerstörung der Wirtschaft in
Ostdeutschland hinauslaufende Öl-Embargopolitik muss gestoppt werden,
und der Wirtschaftsstandort Schwedt muss erhalten bleiben.»

Habeck hatte am Montag im ZDF gesagt, ein Öl-Embargo gegen Russland
sei «in greifbarer Nähe»: «Also ich denke, innerhalb von wenigen
Tagen werden wir da auch den Durchbruch erzielen.» Die EU-Kommission
hat vorgeschlagen, wegen des russischen Angriffskriegs auf die
Ukraine den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten zu beenden.