Orban: Schnelle Einigung auf Öl-Embargo unwahrscheinlich

24.05.2022 18:41

Brüssel (dpa) - Eine schnelle EU-Einigung auf ein Öl-Embargo gegen
Russland ist nach Einschätzung des ungarischen Regierungschefs Viktor
Orban nicht in Sicht. Da die noch offenen Fragen schwerwiegend seien,
sei es sehr unwahrscheinlich, dass eine umfassende Lösung vor dem
EU-Sondergipfel kommende Woche gefunden werden könne, schreibt Orban
in einem Brief an EU-Ratschef Charles Michel.

Zugleich spricht der rechtsnationale Politiker sich in dem Schreiben
vom Montag, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, dafür aus,
nicht bei dem Gipfel über das von der EU-Kommission vorgeschlagene
Sanktionspaket zu diskutieren. Dies sei kontraproduktiv und würde nur
die interne Spaltung offenbaren, ohne dass es eine realistische
Chance gebe, die Differenzen auszuräumen. Ein EU-Beamter bestätigte
am Dienstag den Eingang des Schreibens.

Orban bekräftigt darin zudem, dass Ungarn noch immer stark von
russischen Energie-Importen abhänge. Weder die ungarischen Haushalte,
noch die ungarische Wirtschaft könnten dem Preisschock, den die
vorgeschlagenen Sanktionen verursachen würden, aushalten. Er verweist
zudem darauf, dass die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur
Entlastung besonders von russischer Energie abhängiger Staaten die
ungarischen Bedenken nicht ausräumten.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rechnet nicht mit
einer EU-Einigung auf ein Öl-Embargo beim Gipfel kommende Woche. «Ich
denke, es ist kein geeignetes Thema für den Europäischen Rat, denn es
ist sehr technisch, was wir hier diskutieren», sagte sie am Dienstag
dem Nachrichtenportal «Politico».

Die EU-Kommission hatte Anfang März ursprünglich vorgeschlagen, wegen
des Ukraine-Kriegs den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten
und den von Ölprodukten in acht Monaten zu beenden. Ungarn und die
Slowakei sollten 20 Monate Zeit bekommen. Auch Nachbesserungsangebote
konnten die ungarische Regierung bislang nicht dazu bewegen, ihre
Ablehnung aufzugeben. Außenminister Peter Szijjarto machte deutlich,
dass sein Land entweder eine komplette Ausnahme für Öl-Lieferungen
über Pipelines oder die Zahlung von 15 Milliarden Euro aus EU-Mitteln
für Anpassungs- und Folgekosten will.