Verbraucherzentrale warnt vor Verwässerung der EU-Fluggastrechte

10.08.2022 10:13

Bei Flugausfällen und Verspätungen von mehr als drei Stunden haben
Passagiere nach EU-Recht Anspruch auf Entschädigungen bis zu 600
Euro. Das ist den Airlines schon lange ein Dorn im Auge.
Verbraucherschützer warnen davor, das Thema erneut aufzumachen.

Frankfurt/Berlin (dpa) - Die Verbraucherzentrale Bundesverband hat
davor gewarnt, die Fluggastrechte in der Europäischen Union zu
verwässern. Hintergrund ist die Ankündigung Tschechiens, das Thema
möglicherweise noch in diesem Jahr im Rat der Europäischen Union neu

zu behandeln. Die gegenwärtige Patt-Situation sei für die Verbraucher
vorteilhaft, sagte VZBV-Referent Gregor Kolbe der Deutschen
Presse-Agentur am Mittwoch.

Die EU-Kommission hatte bereits 2013 unter anderem vorgeschlagen, den
seit 2004 bestehenden Anspruch auf Entschädigung bei Flügen innerhalb
der EU sowie bei kurzen internationalen Flügen unter 3500 Kilometern
einzuschränken. Statt wie bislang nach drei Stunden sollen danach die
Ansprüche der Passagiere erst nach fünf Stunden ausgelöst werden.
Nach einem Votum des EU-Parlaments war der Vorstoß aber im Sande
verlaufen, weil sich die Einzelstaaten nicht einigen konnten. Die
Novelle der entsprechenden Fluggastverordnung ist aber Ziel der
Airline-Verbände geblieben.

«Es würden bei einer Umsetzung viel seltener Entschädigungen
gezahlt», sagte Kolbe. «Und es gäbe auch keinen Anreiz für die
Airlines, einen besseren Service anzubieten.» Die EU-Kommission hatte
hingegen argumentiert, dass sich Airlines ermuntert fühlen könnten,
bereits im Vorfeld zahlreiche Flüge zu streichen, was nicht im Sinne

der Passagiere wäre.

Die Verbraucherschützer wandten sich auch gegen die Einführung eines
neuen Tatbestands, der die Gesellschaften von einer Haftung befreien
würde. Der in der Novelle enthaltene Begriff «unerwarteter
Flugsicherungsmängel» sei extrem unscharf und für die Passagiere
nicht überprüfbar, meinte Kolbe. Es sei daher sicher davon
auszugehen, dass ein derartiger «Enthaftungsgrund» von den
Fluggesellschaften «gezogen» und zu neuen Prozessen führen würde.

Grundsätzlich sei es natürlich auch denkbar, mit einer Novelle die
Fluggastrechte besser zu schützen, etwa mit höheren Entschädigungen,

weitergehenden Informationspflichten oder kürzeren Auslösefristen,
sagte Kolbe. So habe sich die Bundesregierung vorgenommen, den Schutz
zu verbessern. Daran werde man die Ampel-Koalition messen.