Importverbot für russische Kohle: Verband rechnet nicht mit Engpässen

10.08.2022 05:30

Kohle aus Russland darf ab Donnerstag nicht mehr in die EU geliefert
werden. Die deutschen Importeure fürchten keine Lieferengpässe -
sehen aber andere Probleme.

Hamburg/Berlin (dpa) - Die deutschen Kohlenimporteure rechnen trotz
des ab Donnerstag geltenden Importverbots für russische Steinkohle
nicht mit Lieferengpässen. «Kohle ist auf dem Weltmarkt verfügbar»,

sagte Vorstandschef Alexander Bethe vom Verein der Kohlenimporteure
(VdKi) der Deutschen Presse-Agentur dpa. Hauptlieferländer seien
jetzt die USA, Südafrika, Australien, Indonesien und Kolumbien.

2021 stammten laut Verband noch fast 50 Prozent der Steinkohle- und
Koksimporte aus Russland, gut 17 Prozent aus den USA und mehr als 13
Prozent aus Australien. Aus Russland waren das knapp 20,5 Millionen
Tonnen. Laut VdKi kamen von Januar bis einschließlich Mai noch rund
7,2 Millionen Tonnen Steinkohle nach Deutschland. Neuere Zahlen
liegen noch nicht vor. Die russische Kohle wurde vor allem als
Brennstoff für Kraftwerke verwendet.

Die EU-Staaten dürfen von diesem Donnerstag an keine Kohle mehr aus
Russland importieren. Um Mitternacht endet die Übergangsperiode für
das Kohle-Embargo gegen Russland, das die EU-Staaten als Teil des
fünften Sanktionspakets im April beschlossen haben. Damit sich die
Industrie auf das Einfuhrverbot einstellen konnte, haben sich die
Länder damals auf eine Übergangsfrist von 120 Tagen geeinigt.

Ziel des Importstopps ist es, die russische Wirtschaft vor dem
Hintergrund des Kriegs in der Ukraine weiter zu schwächen. Nach
Angaben der EU-Kommission im April könnte das Kohleembargo ein Minus
von rund acht Milliarden Euro pro Jahr für Russland bedeuten.

«Der Umstieg auf Alternativ-Kohlen ist bis jetzt relativ problemlos
verlaufen», sagte VdKi-Vorstandschef Bethe. Einige Kraftwerke seien
noch im Testbetrieb, was die neue Zusammensetzung des
Kohle-Brennstoffmix angehe. Sie würden im September umgestellt.

Wann genau die letzte russische Kohle nach Europa kam, wisse er
nicht. «Das typische Verhalten am Markt war so, dass den russischen
Lieferanten gesagt wurde, ihr könnt bis einschließlich Juli liefern.»

Im Wesentlichen sei die Kohle über die sogenannten ARA-Häfen
gekommen: Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen. In Deutschland sei
russische Kohle etwa über Hamburg, Rostock und Wilhelmshaven
importiert worden.

Auch ohne russische Kohle rechnet Bethe ab September mit einer
«erheblichen Mengensteigerung der monatlichen Importmengen». Grund
sei vor allem die vorübergehende Wiederinbetriebnahme von
Steinkohlekraftwerken, die bislang in der Netzreserve waren. In der
Folge befürchtet der Verbandschef fehlende Umschlagkapazität in den
Seehäfen sowie zu wenig Transportraum auf Binnenschiffen und in
Güterzügen. «Die Politik ist aufgefordert, der Steinkohlebranche
einen längeren Planungshorizont als lediglich die
«Notnagelperspektive» dieses Winters zu eröffnen. Nur so kann
logistisch vorgesorgt werden», sagte er.

Mit dem Kohle-Embargo sanktionierte die EU erstmals
Energielieferungen aus Russland. In einem späteren Sanktionspaket
einigten sich die EU-Länder zudem darauf, russische Öllieferungen
weitgehend zu verbieten, um den Druck auf Moskau weiter zu erhöhen.
Dies soll jedoch erst ab Ende des Jahres gelten, mit Ausnahmen für
einige besonders abhängige Länder wie Ungarn.