Umfrage: Unklare Datenschutz-Regelungen machen Wirtschaft zu schaffen

27.09.2022 11:08

Seit dem 25. Mai 2018 gilt innerhalb der Europäischen Union die
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Dieser Rechtsrahmen zeigt nicht
nur Internet-Konzernen wie Google und Meta ihre Grenzen auf, sondern
stellt auch die deutsche Wirtschaft vor Herausforderungen.

Berlin (dpa) - Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
stößt in der deutschen Wirtschaft weiterhin auf Kritik. Das geht aus
einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom
unter Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland hervor, die am
Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde. Auch im fünften Jahr seit
dem Inkrafttreten der Datenschutzauflagen bestehe eine erhebliche
Rechtsunsicherheit zu den genauen Vorgaben der DSGVO, erklärten 78
Prozent der befragten Unternehmen. Die Umsetzung der Verordnung sei
etwa wegen neuer Richtlinien dazu nie vollständig abgeschlossen,
bemängelten 88 Prozent.

Gut zwei Drittel (68 Prozent) der Unternehmen sind der Auffassung,
dass der strenge Datenschutz die Digitalisierung erschwere, sagte
Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung. 61 Prozent
meinen, in Deutschland übertreibe man es mit dem Datenschutz.
Trotzdem hat die Mehrheit der Unternehmen die DSGVO umgesetzt. 22
Prozent reklamieren für sich, die DSGVO vollständig umgesetzt zu
haben, 40 Prozent «größtenteils». Ein Drittel räumt ein, sich nur

«teilweise» an die Verordnung angepasst zu haben.

Die Defizite bei der Umsetzung sind nicht mehr so häufig auf fehlende
Fachpersonal zurückzuführen. Vor einem Jahr beklagte ein Drittel der
Unternehmen einen Mangel an qualifizierten Beschäftigten. Dieser Wert
sank in der aktuellen Umfrage auf 24 Prozent. Und auch bei den
benötigten Finanzmitteln zeichnet sich eine leichte Entspannung ab:
2021 nannten 37 Prozent «fehlende finanzielle Ressourcen» als eine
der größten Herausforderungen bei der DSGVO-Umsetzung, in der
aktuellen Umfrage sank der Wert auf 32 Prozent.

In der Umfrage machten die Unternehmen weiterhin deutlich, wie
wichtig eine Rechtsgrundlage für internationale Datentransfers ist.
60 Prozent praktizieren eine Übertragung von personenbezogen Daten in
Länder außerhalb der EU. Ein Verzicht dieser Datentransfers habe
gravierende Folgen. 60 Prozent der Unternehmen sagen, sie könnten
dann einen globalen Sicherheits-Support nicht mehr aufrechterhalten,
57 Prozent geben an, dass sie bei einem Aus für Datentransfers
bestimmte Produkte und Dienstleistungen nicht mehr anbieten könnten.
55 Prozent befürchten in diesem Fall Wettbewerbsnachteile gegenüber
Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern.

Die Datentransfers in Länder außerhalb der EU stehen rechtlich auf
wackeligen Beinen, weil der Europäische Gerichtshof in zwei
Entscheidungen Absprachen für die Übermittlung von Daten aus Europa
über den Atlantik für ungültig erklärt hat. Im Juni 2020 hatte der

EuGH den «Privacy Shield» mit der Begründung gekippt, dass das
Datenschutzniveau in den USA nicht den Standards der EU entspreche.
Die Richter bemängelten vor allem die weitreichenden
Zugriffsmöglichkeiten von US-Geheimdiensten auf Daten von Europäern.
Mit einer ähnlichen Begründung hatte der EuGH im Oktober 2015 bereit
das transatlantische Datenschutz-Abkommen «Safe Harbor» einkassiert.