BGH: Herstellergarantie bei Taschenmessern wohl kein Verkaufsargument

29.09.2022 15:29

Die Herstellergarantie für Schweizer Offiziersmesser beschäftigt seit
mehreren Jahren die deutsche Justiz. Zwischenzeitlich befassten sich
auch EU-Richter mit dem Fall. Nun wurde am BGH weiterverhandelt.

Karlsruhe (dpa) - Händler von Taschenmessern müssen im Internet
voraussichtlich keine umfassenden Angaben zur Herstellergarantie
machen. Entscheidend ist, ob der Unternehmer die Herstellergarantie
zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht.
Bei einer Verhandlung am Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in
Karlsruhe zeichnete sich ab, dass der erste Zivilsenat einem Urteil
des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) folgen wird. Der BGH will seine
Entscheidung am 10. November verkünden. (Az. I ZR 241/19)

In dem Fall hat ein Verkäufer von Schweizer Offiziersmessern einen
Konkurrenten verklagt, weil er dessen Informationen zur Garantie für
unzureichend hielt. Der Händler hatte auf eine Produktinformation des
Herstellers verlinkt, ohne genauere Angaben zu der darin enthaltenen
Garantie zu machen. 2018 hatte der Kläger mit seiner Forderung nach
Unterlassung vor dem Landgericht Bochum verloren und in der Berufung
vor dem Oberlandesgericht Hamm ein Jahr später gewonnen. Der BGH
schaltete nach einer ersten Verhandlung des Falls den EuGH ein.

Dieser entschied vor wenigen Monaten, dass eine Informationspflicht
nur besteht, wenn Kunden im Hinblick auf ihre Entscheidung über einen
Vertragsschluss ein berechtigtes Interesse daran haben, vom
Unternehmer Informationen über die Herstellergarantie zu erhalten.
Das sei vor allem dann der Fall, wenn die Herstellergarantie ein
zentrales Verkaufs- oder Werbeargument sei. Für den konkreten
Sachverhalt befand der EuGH zugleich, dass es hier nicht so sei - die
Garantie werde in dem Angebot des Unternehmens nur beiläufig erwähnt.

Die Anwälte beider Seiten folgten am Donnerstag vor dem BGH der
Argumentation aus Luxemburg. Auch wenn das bedeute, dass der
Verbraucherschutz gerade bei jenen Verbrauchern zu kurz komme, die
sich intensiv informieren wollen, sagte Rechtsanwalt Axel Rinkler.