PiS-Chef Kaczynski: Polen wehrt sich gegen «deutsche Vorherrschaft»

02.10.2022 10:23

Warschau (dpa) - Vor dem Besuch von Bundesaußenministerin Annalena
Baerbock (Grüne) in Polen hat der Chef der nationalkonservativen
Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, die nach seiner Ansicht
«deutsche Vorherrschaft» in der EU gerügt. «Was jetzt geschieht, is
t
der Versuch, einen europäischen Staat mit Deutschland an der Spitze
zu schaffen», sagte Kaczynski am Sonntag im Ostseebad Kolobrzeg.
Polen sei damit nicht einverstanden, dies habe er auch dem
CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz kürzlich gesagt.

Baerbock reist am Montag nach Warschau. Dort will die
Grünen-Politikerin am Abend zunächst an den Feierlichkeiten der
Deutschen Botschaft zum Tag der deutschen Einheit teilnehmen und eine
Rede halten. Am Dienstagmorgen trifft Baerbock ihren polnischen
Kollegen Zbigniew Rau zu einem Gespräch im Außenministerium.

Die PiS-Regierung hat mit Blick auf die kommende Parlamentswahl im
Herbst 2023 ihre antideutsche Rhetorik verschärft. Anfang September
legte eine Parlamentskommission in Warschau ein Gutachten vor, in dem
die Weltkriegsschäden in Polen auf mehr als 1,3 Billionen Euro
beziffert werden. Kaczynski hatte gleichzeitig die Forderung nach
Entschädigungszahlungen erneuert. Das Thema dürfte auch bei dem
Treffen zwischen Baerbock und Rau eine Rolle spielen.

Die Bundesregierung lehnt die Forderung nach Reparationen ab. Sie
beruft sich dabei auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 über die
außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit.