Lindner verteidigt 200 Milliarden Euro schweres Entlastungspaket

03.10.2022 21:01

Luxemburg (dpa) - Bundesfinanzminister Christian Lindner hat das bis
zu 200 Milliarden schwere Energie-Entlastungspaket für Bürger und
Unternehmen angesichts internationaler Kritik verteidigt. «Die
Maßnahmen sind gemessen an der Größe der deutschen Volkswirtschaft
und gemessen an der Laufzeit bis zum Jahr 2024 in der Proportion
angemessen», sagte Lindner am Rande eines Treffens der
Euro-Finanzminister in Luxemburg am Montag. Sie entsprächen dem, was
andere Staaten in Europa eingeführt hätten und seien daher «gewiss
nicht überdimensioniert».

Länder wie Italien, Spanien oder Luxemburg hatten kritisiert, dass
nicht alle Länder die finanziellen Mittel hätten, um solche Maßnahmen

zu finanzieren und daher der Binnenmarkt verzerrt werden könnte. Auch
EU-Industriekommissar Thierry Breton schrieb am Freitag auf Twitter:
«Wir müssen dringend darüber nachdenken, wie wir den Mitgliedstaaten

- die nicht diesen fiskalischen Spielraum haben - die Möglichkeit
bieten können, ihre Industrien und Unternehmen zu unterstützen.»

Lindner betonte zudem abermals, dass Deutschland im kommenden Jahr
die Schuldenbremse einhalten werde. Diese erlaubt es der
Bundesregierung dann, nur begrenzt neue Schulden aufzunehmen. Der
Abwehrschirm wird hingegen über ein sogenanntes Sondervermögen noch
in diesem Jahr finanziert und soll dann nach und nach ausgezahlt
werden. Der FDP-Politiker sagte, das Geld sei «sehr stark
zweckgebunden, um wirtschaftliche Schäden in der besonders
verletzbaren deutschen Volkswirtschaft abzuwenden.»

EU-Wirtschaftskommissar und Vizepräsident Valdis Dombrovskis warnte
Deutschland jedoch indirekt: «Die Europäische Kommission rät in
diesem Fall zu einer zeitlich befristeten und gezielten Maßnahme,
damit sie nicht zu einer dauerhaften Belastung für die öffentlichen
Finanzen wird, und auch zu einem koordinierten Vorgehen.»

Der ebenfalls für Wirtschaft zuständige Kommissar Paolo Gentiloni und
sein Kollege Breton machten sich in einem Gastbeitrag der
«Frankfurter Allgemeinen Zeitung» für europäische Lösungen stark.
Das
deutsche Paket werfe Fragen auf, schrieben sie. «Um zu verhindern,
dass die unterschiedlichen Spielräume, die die Staaten in ihren
jeweiligen nationalen Haushalten haben, zu internen Verwerfungen
führen, müssen wir über gemeinsame europäische Instrumente
nachdenken.» Man müsse gemeinsame Unterstützungsmechanismen wie in
der Corona-Pandemie schaffen - etwa nannten sie das Sure-Programm,
welches in der Pandemie Kurzarbeitprogramme durch günstige EU-Kredite
ermöglicht hat.

Mit dem Abwehrschirm will die Bundesregierung Verbraucher und
Unternehmen vor hohen Energiepreisen wegen des Ukraine-Kriegs
schützen. Unter anderem sollen Gas und Strom teils billiger
bereitgestellt werden. Für Firmen soll es Liquiditäts- und
Eigenkapitalhilfen geben. Details sind aber noch offen.