Nordkorea feuert ballistische Mittelstreckenrakete über Japan

04.10.2022 09:05

Pjöngjang setzt seine jüngste Serie von Raketentests - und eskaliert
dabei weiter: Erstmals seit fünf Jahren ließ das nordkoreanische
Militär eine ballistische Rakete über Japan fliegen. Dort löste der
Abschuss einen öffentlichen Raketenalarm aus.

Seoul/Tokio (dpa) - Nordkorea hat seine jüngste Serie von
Raketentests fortgesetzt. Nach Angaben des südkoreanischen Militärs
flog eine ballistische Mittelstreckenrakete am Dienstag (Ortszeit) in
Richtung des Japanischen Meeres (koreanisch: Ostmeer) über die
japanische Inselgruppe, wie die südkoreanische Nachrichtenagentur
Yonhap berichtete. Es handelt sich laut Angaben des südkoreanischen
Militärs um Nordkoreas ersten Start einer Mittelstreckenrakete seit
über acht Monaten.

Demnach wurde die Rakete in der nördlichen nordkoreanischen Provinz
Jagang nahe der Grenze zu China gestartet. Die Rakete erreichte
ersten Schätzungen zufolge eine Distanz von 4500 Kilometern und eine
maximale Flughöhe von rund 970 Kilometern. 

Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol sprach von einer «rücksichtslos
en»
Provokation und rief dazu auf, «entsprechende Maßnahmen» zu
ergreifen, wie Yonhap berichtete. Japans Regierungschef Fumio Kishida
nannte Nordkoreas Raketentest «ungeheuerlich». Kabinettschef Hirokazu

Matsuno sprach zudem von einer «unmittelbaren Bedrohung» für die
Region und die Weltgemeinschaft. EU-Ratspräsident Charles Michel
nannte den Test eine ungerechtfertigte Aggression und eklatante
Verletzung des Völkerrechts.

Es war das erste Mal seit knapp fünf Jahren, dass wieder eine
nordkoreanische Rakete über die japanische Inselgruppe geflogen
ist. Die Rakete landete nach japanischen Angaben rund 3000 Kilometer
östlich von Japan im Pazifischen Ozean. Laut Angaben von Japans
Verteidigungsminister Yasukazu Hamada handelt es sich
um die weiteste horizontalen Entfernung einer Rakete Nordkoreas.

Der Start löste einen seltenen öffentlichen Raketenalarm aus, der die
Bewohner der nordjapanischen Insel Hokaido und der Präfektur Aomori
an der Nordspitze der japanischen Hauptinsel Honshu mit Warnmeldungen
aufforderte, Schutz in ihren Häusern zu suchen, wie die
Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. 

UN-Resolutionen untersagen Nordkorea die Erprobung von ballistischen
Raketen jeglicher Reichweite, die je nach Bauart auch einen
Atomsprengkopf befördern können. Zuletzt hatte Nordkorea am Samstag
zwei ballistische Kurzstreckenraketen getestet - das war der vierte
Raketenabschuss innerhalb einer Woche. 

Die zuletzt gehäuften Raketentests Nordkoreas werden von Experten
auch als Reaktion auf die kürzlich abgehaltenen Seemanöver
südkoreanischer und US-amerikanischer Streitkräfte gewertet. An
den viertägigen Marineübungen hatte auch der Flugzeugträger «US
S
Ronald Reagan» teilgenommen. Es war die erste Entsendung eines
US-Flugzeugträgers nach Südkorea seit fast vier Jahren. 

Nordkorea wirft den USA regelmäßig vor, durch ihre Militärmanöver
mit
Südkorea einen Angriff vorzubereiten - was von beiden Ländern
bestritten wird. Die Spannungen in der Region haben nach einer Reihe
von Tests mit atomwaffenfähigen Raketen durch Nordkorea in diesem
Jahr deutlich zugenommen. Zudem soll das Land Berichten zufolge den
Abschuss einer ballistischen U-Boot-Rakete sowie möglicherweise auch
seinen ersten Atomtest seit 2017 vorbereiten.

Das Parlament in Nordkorea hatte Anfang September zudem ein Gesetz
zur staatlichen Nuklearpolitik verabschiedet. Dieses sieht unter
anderem den Einsatz von Atomwaffen nicht nur bei einem Angriff
feindlicher Kräfte, sondern schon bei einem drohenden Angriff auf die
Führung in Pjöngjang vor. Das Land ist wegen seines
Atomwaffenprogramms harten internationalen Sanktionen unterworfen.