Menschengerichtshof verurteilt Belgien wegen Sterbehilfe-Verfahren

04.10.2022 17:11

Straßburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) hat Belgien im Zusammenhang mit einem Sterbehilfe-Verfahren
verurteilt. Das Gericht urteilte nicht über das Recht auf
Sterbehilfe, sondern über das anschließende Prüfverfahren in einem
konkreten Fall, wie die Richter am Dienstag in Straßburg mitteilten.
(Az. 78017/17)

Es ging um eine Frau, die 40 Jahre lang an einer chronischen
Depression und einer schweren Persönlichkeitsstörung litt und sterben
wollte. Nach eingehender Prüfung wurde ihrem Antrag auf Sterbehilfe
entsprochen. Ihr Sohn klagte nach ihrem Tod, dass der Staat den
Verpflichtungen zum Schutz des Lebens seiner Mutter nicht
nachgekommen sei, weil das gesetzlich vorgeschriebene
Sterbehilfe-Verfahren nicht eingehalten worden sei.

Das Gericht gab ihm teilweise Recht. Der Antrag der Mutter, ihr Leben
zu beenden, sei zwar aus freiem Willen, wiederholt und ohne Druck von
außen gestellt worden. Außerdem habe sie sich in einer medizinisch
unheilbaren Situation befunden. Insofern seien die Voraussetzungen
für Sterbehilfe erfüllt gewesen. Allerdings seien den Behörden bei
dem Verfahren nach dem Tod Fehler unterlaufen. Die prüfende Behörde
war demnach nicht unabhängig genug, unter anderem, weil in der
Kommission auch der Arzt saß, der die Sterbehilfe durchgeführt hatte.
Belgien muss dem Sohn der Toten nun 2211,30 Euro für seine Auslagen
zahlen.