Weber: Mehr europäische Solidarität für ukrainische Flüchtlinge

27.11.2022 14:31

Russland zerstört gezielt die Energie-Infrastruktur in der Ukraine.
In vielen Landesteilen fallen Strom, Wasser und Wärmeversorgung aus.
Das könnte viele Menschen zur Flucht bewegen. EVP-Chef Weber fordert
mehr Solidarität.

Berlin (dpa) - Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred
Weber, fordert mehr europäische Solidarität bei der Unterbringung
ukrainischer Flüchtlinge. «Wenn jetzt über den Winter hinweg weitere

Ukrainer durch die russischen Bombardements und Angriffe gezwungen
werden zu fliehen, dann muss das westliche Europa mehr Verantwortung
übernehmen», sagte der stellvertretende CSU-Chef der «Bild am
Sonntag». «Diese beispiellose Herausforderung muss von allen
EU-Staaten solidarisch getragen werden.»

Dem UNHCR zufolge haben bislang rund 7,9 Millionen Menschen (Stand
22. November) aus der Ukraine wegen des Kriegs seit dem 24. Februar
im Ausland Schutz gesucht. Davon sind laut Bundesinnenministerium
1 027 789 Menschen in Deutschland registriert. In Frankreich (rund
119 000), Italien (rund 173 000) oder Spanien (rund 154 000) sind
laut UNHCR zufolge deutlich weniger gezählt worden, Polen hat mit
mehr als 1,5 Millionen ukrainischen Geflüchteten die meisten
aufgenommen. Tschechien nahm im Verhältnis zur Einwohnerzahl (rund
10,7 Millionen) viele Ukrainer auf (rund 463 000).

Russland beschießt die Energie-Infrastruktur der Ukraine derzeit
gezielt mit Raketen und Marschflugkörpern und richtet dabei schwere
Schäden an. In Kiew und vielen anderen Landesteilen fielen Strom,
Wasser und Wärmeversorgung aus. Angesichts des beginnenden Winters
ist die Lage vielerorts dramatisch.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson wies in der «Bild am Sonntag»
darauf hin, dass Ukrainer überall in der EU den gleichen Zugang zu
den Sozialsystemen hätten. «In den vergangenen neun Monaten sind
Geflüchtete aus der Ukraine überwiegend dorthin gegangen, wo sie
Freunde oder Familie haben, auch die Nähe zu ihrer Heimat und die
Vertrautheit der Kultur haben eine Rolle gespielt», sagte Johansson.
Die Solidarität unter den EU-Ländern sei intakt. «Mitgliedsstaaten,
die noch Kapazitäten haben, steigern ganz klar ihre Bemühungen, um
Mitgliedsstaaten zu helfen, die an der Kapazitätsgrenze sind.»

Migrationsforscher Gerald Knaus sagte der Zeitung, für Ukrainer sei
es sehr viel schwieriger, in Frankreich als in Deutschland Fuß zu
fassen. «Frankreich zahlt Flüchtlingen weniger Geld und es ist sehr
kompliziert, eine Wohnung anzumieten, die hohe Kaution zu
hinterlegen», sagte er. Wenn Frankreich, Italien oder Spanien so
viele Menschen aufnehmen würden wie Tschechien, «wäre die Lage eine
ganz andere».