Deutschland und Argentinien wollen baldiges EU-Mercosur-Abkommen

29.01.2023 05:07

Seit mehr als 20 Jahren verhandeln die EU und der südamerikanische
Staatenbund Mercosur über ein Freihandelsabkommen. Im Moment tut sich
nicht viel. Kanzler Scholz will das bei seiner Lateinamerika-Reise
ändern.

Buenos Aires (dpa) - Deutschland und Argentinien machen sich
gemeinsam für einen zügigen Abschluss der Verhandlungen über die
größte Freihandelszone der Welt stark. Die seit mehr als 20 Jahren
laufenden Gespräche zwischen der Europäischen Union und dem
südamerikanischen Staatenbund Mercosur hätten nun schon lange genug
gedauert, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Samstagabend
(Ortszeit) nach einem Treffen mit dem argentinischen Präsidenten
Alberto Ángel Fernández in Buenos Aires. «Deswegen ist es wichtig,
dass jetzt alle mit einem konstruktiven Geist einen Beitrag dazu
leisten, dass man sich unterhakt und einen Weg findet, miteinander
die Verhandlungen bald auch zu einem gelungenen Ende zu führen.»

Fernandez betonte, er sei sich mit dem brasilianischen
Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva einig: «Wir wollen dieses
Abkommen anschieben und ins Laufen bringen. Das würde Lateinamerika
und besonders dem Mercosur nutzen, es würde Europa nutzen, und es
würde auch den Multilateralismus stärken.»

Die EU verhandelt mit dem Mercosur, zu dem Brasilien, Argentinien,
Paraguay und Uruguay gehören, schon seit 1999 über ein
Handelsabkommen. 2019 wurde zwar ein Durchbruch erzielt, es hakt aber
immer noch, vor allem was den Schutz des Regenwaldes im
Amazonasgebiet angeht, der schon großteils für die Viehzucht und
landwirtschaftliche Nutzung abgeholzt wurde. Mit dem Abkommen
entstünde ein Markt mit mehr als 700 Millionen Menschen, der fast 20
Prozent der Weltwirtschaft und 31 Prozent der weltweiten Warenexporte
abdeckt. Es wäre die größte existierende Freihandelszone.

Im Beisein von Scholz und Fernandez wurden auch zwei Abkommen über
die Zusammenarbeit bei der Förderung von Startup-Unternehmen und im
Energiebereich unterzeichnet. Bei letzterem geht es vor allem um
grünen Wasserstoff, Scholz bekundete aber auch Interesse an
argentinischem Flüssiggas. Fernández sagte, Argentinien wolle «ein
sicherer Gasproduzent in der Welt werden» und seine Kapazitäten
ausbauen. Argentinien verfügt über eines der größten
Schiefergas-Vorkommen der Welt. Aber die Förderung ist schwierig und
mit der Fracking-Technik umstritten. Es mangelt an Infrastruktur zur
Verteilung im Land und für den Export in andere Länder.

Bei dem Gespräch ging es auch um den russischen Angriffskrieg gegen
die Ukraine. Fernández machte klar, dass Argentinien anders als
Deutschland keine Absicht habe, die Ukraine mit Waffen zu versorgen.
«Argentinien und Lateinamerika denken nicht daran, Waffen an die
Ukraine oder irgendein anderes Land in einem Konflikt zu schicken»,
sagte er.

Medienberichten zufolge bitten die USA mehrere lateinamerikanische
Länder, Waffen sowjetischer Bauart an die Ukraine abzugeben. In der
UN-Vollversammlung gehörten Argentinien, Brasilien und Chile im März
vergangenen Jahres zu den insgesamt 141 Ländern, die den russischen
Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilten. Von den Staaten
Lateinamerikas und der Karibik enthielten sich damals nur Bolivien,
El Salvador und Kuba.