Eine Reise als Symbol: Von der Leyen mit EU-Kommission in der Ukraine

02.02.2023 18:41

Die EU wird nicht müde, ihre Unterstützung für die von Russland
angegriffene Ukraine zu betonen. Mit einer Reise ins Kriegsgebiet
gehen die Brüsseler Spitzenpolitiker nun einen Schritt weiter.
Erstmals reist Kommissionschefin von der Leyen mit großer Delegation.

Kiew (dpa) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der
Ukraine zum Auftakt eines zweitägigen Besuchs in Kiew weitere
umfangreiche Unterstützung im Kampf gegen Russland zugesagt. «Unsere
heutige Anwesenheit in Kiew ist ein sehr deutliches Signal: Die
gesamte Europäische Union ist langfristig an der Seite der Ukraine»,
sagte die deutsche Politikerin am Donnerstag an der Seite von
Staatschef Wolodymyr Selenskyj. Die Ukraine sei zum Mittelpunkt
Europas geworden. «Zum Ort, an dem unsere Werte hochgehalten werden,
wo unsere Freiheit verteidigt wird und wo die Zukunft Europas
geschrieben wird.»

Für die frühere Verteidigungsministerin ist es die vierte Reise seit
Kriegsbeginn in das Land, das ungeduldig in die EU strebt. Erstmals
wurde sie dabei von 15 EU-Kommissarinnen und -Kommissaren begleitet.
Höhepunkt der Reise soll ein EU-Ukraine-Gipfel an diesem Freitag
werden. Zu ihm wird auch EU-Ratspräsident Charles Michel erwartet,
nicht aber die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsstaaten.
Es ist das erste Gipfeltreffen dieser Art in einem Land mitten in
einem Krieg.

Bereits am Donnerstag kündigten von der Leyen und ihr Team weitere
finanzielle, militärische und humanitäre Hilfen an. So sollen in
diesem Jahr weitere 450 Millionen Euro bereitgestellt werden, um zum
Beispiel den schnellen Wiederaufbau der Infrastruktur und
Reformprojekte zu unterstützen. Zudem wird die EU weitere 2400
Stromgeneratoren zur Verfügung stellen, insgesamt also mehr als 5000.
Bis zum Jahrestag des Kriegsbeginns am 24. Februar soll ein neues
Paket mit Russland-Sanktionen beschlossen werden - das zehnte.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte darüber hinaus
offiziell die Ausweitung der europäischen Ausbildungsmission für
ukrainische Streitkräfte an. Diese soll zusätzliche 15 000
ukrainische Soldaten trainieren und die Gesamtzahl damit auf 30 000
erhöhen. Borrell zufolge soll die EU-Mission auch die Besatzung von
Kampfpanzern ausbilden. Dies soll dafür sorgen, dass die Ukrainer die
Leopard-2-Panzer effektiv nutzen können, die Länder wie Deutschland
zur Verfügung stellen wollen. Zudem will die EU 25 Millionen Euro für
die Minenräumung in zurückeroberten Gebieten bereitstellen.

Selenskyj warb für weitere Unterstützung, um den Krieg gegen Russland

zu gewinnen. «Jetzt ist offensichtlich, dass man den Traum von einem
friedlichen Europa nur zusammen mit der Ukraine verwirklichen kann
und nur, indem man Russland besiegt», sagte der 45-Jährige. «Die
Ukraine verteidigt auf dem Schlachtfeld gerade die Werte, wegen denen
sich Europa vereinigt hat und vereinigt.»

Der Beitritt zur EU ist deshalb aber noch lange kein Selbstläufer -
auch wenn Ministerpräsident Denys Schmyhal zuletzt mehrfach gesagt
hat, die Ukraine könne es in den kommenden zwei Jahren schaffen.
Nachdem die Ukraine im vergangenen Sommer zum Beitrittskandidaten
wurde, haben aber tatsächlich noch nicht einmal die Verhandlungen
über einen Beitritt begonnen. Diesen Schritt hatte die EU damals
daran geknüpft, dass die Ukraine sieben Voraussetzungen erfüllt.

Dabei geht es etwa um das Auswahlverfahren ukrainischer
Verfassungsrichter und eine stärkere Korruptionsbekämpfung -
insbesondere auf hoher Ebene. Die EU fordert zudem, dass Standards im
Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den
übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird. Von der Leyen
ging auf diese Hürden am Donnerstag nur am Rande ein und lobte
stattdessen den «beeindruckenden Fortschritt» des Landes. Ihre
Behörde will nach dem Sommer einen ausführlichen Bericht zu den
Reformfortschritten der Ukraine vorlegen.

Neben von der Leyen und Borrell waren unter anderem die
Vizepräsidentinnen und -präsidenten Margrethe Vestager, Valdis
Dombrovskis, Vera Jourova und Margaritis Schinas Teil der
EU-Delegation in Kiew. Für Notfälle in Brüssel ist unter anderem
Vizepräsident Frans Timmermans geblieben. Er ist die Nummer Zwei der
EU-Kommission und würde im Fall eines Ausfalls von Präsidentin von
der Leyen - etwa infolge eines russischen Angriffs auf Kiew -
interimsmäßig ihre Aufgaben übernehmen.