Bundesregierung und EU-Kommission einigen sich im Verbrenner-Streit

25.03.2023 12:31

Nach wochenlangem Gezerre steht fest: Auch nach 2035 können in der EU
Neuwagen mit Verbrennungsmotor zugelassen werden - wenn sie
klimaneutralen Kraftstoff im Tank haben.

Brüssel/Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat sich nach wochenlangem
Ringen um die Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor mit der
EU-Kommission geeinigt. «Damit ist der Weg frei, dass Fahrzeuge mit
Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe
tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können», sagte
Verkehrsminister Volker Wissing am Samstag in Berlin. Auch
EU-Kommissionsvize Frans Timmermans schrieb auf Twitter, man habe
eine Einigung mit Deutschland über die künftige Verwendung der
sogenannten E-Fuels in Autos erzielt.

Laut Wissing wurden konkrete Verfahrensschritte und ein konkreter
Zeitplan verbindlich fixiert. «Wir wollen, dass der Prozess bis
Herbst 2024 abgeschlossen ist.» Mit der Einigung sei auch ein
wichtiger Punkt aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt worden.

Europaparlament und EU-Staaten hatten sich eigentlich bereits im
Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch
emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Für Deutschland ist
es aber wichtig, dass auch danach noch Neuwagen mit
Verbrennungsmotoren zugelassen werden können, die E-Fuels tanken -
also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt
werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung
durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.
Seitdem verhandelten Bundesverkehrsministerium und EU-Kommission über
einen Kompromiss. Nach der Einigung soll nun die endgültige
Abstimmung aller 27 EU-Staaten am kommenden Dienstag stattfinden.

Bei der Grundsatzeinigung im Herbst hatte Deutschland einen Zusatz in
das Abkommen verhandelt, wonach die EU-Kommission einen Vorschlag
vorlegen soll, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die
ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden. In der EU-Kommission las
man den entsprechenden Absatz stets so, dass davon Sonderfahrzeuge
wie Kranken- oder Feuerwehrwagen betroffen sein sollen. Nach Berliner
Lesart soll die E-Fuel-Ausnahme dagegen für alle Fahrzeuge gelten.

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Europäischen Parlament,
Jan-Christoph Oetjen, bezeichnete die Einigung als großen Erfolg.
«Das unsinnige Pauschalverbot für den Verbrenner ist somit vom
Tisch.» Mit diesem technologieoffenen Ansatz stünden nun neben der
Elektromobilität noch weitere klimaneutrale Optionen zur Verfügung.
«Wir halten damit eine Spitzentechnologie und wichtige Arbeitsplätze
auf dem Kontinent.»

Kritiker monieren, dass zur Herstellung von E-Fuels verhältnismäßig
viel Energie gebraucht werde und die Kraftstoffe knapp seien. Sie
würden in der Luft- und Schifffahrt dringender gebraucht.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte, es sei gut, «dass diese
Hängepartie ein Ende hat». Alles andere hätte sowohl das Vertrauen in

die europäischen Verfahren wie auch in die europapolitische
Verlässlichkeit Deutschlands schwer beschädigt. Die
Automobilindustrie habe nun Klarheit für die Umstellung auf
Elektromobilität. E-Fuels würden eine wichtige Rolle spielen.
«Insbesondere für die Bereiche, die nicht ohne weiteres auf
effiziente Elektromotoren umstellen können.»