Millionen-Strafe soll Ungarn von EU-Geldern abgezogen werden
18.09.2024 13:24
Ungarn liegt schon lange im Clinch mit Brüssel. Ein Streit um die
Asylpolitik des Landes könnte Budapest nun teuer zu stehen kommen.
Brüssel (dpa) - Weil Ungarn eine 200-Millionen-Euro-Strafe nicht
bezahlt hat, will die Europäische Kommission das Geld von künftigen
EU-Zahlungen an Budapest abziehen. Die Strafe war im Juni vom
Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen Verstößen der Regierung in
Budapest gegen das EU-Asylrecht verhängt worden.
Die 15-tägige Frist für Ungarn, die 200 Millionen zu bezahlen, sei am
Dienstag abgelaufen, sagte ein Kommissionssprecher. Daher werde ein
sogenanntes Ausgleichsverfahren eingeleitet. «Wir werden nun die 200
Millionen Euro von bevorstehenden Zahlungen aus dem EU-Haushalt an
Ungarn abziehen.»
Der EuGH hatte im Sommer eine außergewöhnlich schwere Verletzung von
EU-Recht seitens der Regierung des konservativen Regierungschefs
Viktor Orban festgestellt. Der EuGH hatte auch schon in früheren
Urteilen wesentliche Teile des ungarischen Asylsystems für
rechtswidrig erklärt. Auch die Europäische Kommission wirft Ungarn
seit Jahren vor, EU-Standards und Grundwerte zu missachten und fror
deswegen schon Fördermittel in Milliardenhöhe für das Land ein.
Tägliches Zwangsgeld
Zudem muss Ungarn nach einer Entscheidung des EuGH ein tägliches
Zwangsgeld von einer Million Euro für jeden Tag Verzug zahlen. Die
Strafe war Budapest vor mehr als 90 Tagen auferlegt worden. Ein
Sprecher der EU-Kommission sagte, die Kommission habe Ungarn
aufgefordert, das Zwangsgeld zu zahlen. Dafür hätten die ungarischen
Behörden nun 45 Tage Zeit.
Nach dem Urteil des EuGH hatte Budapest damit gedroht, Flüchtlinge
und Migranten nach Brüssel zu bringen. «Wenn Brüssel die Migranten
haben will, dann soll es sie bekommen», sagte der ungarische
Kanzleramtsminister Gergely Gulyas, ein enger Mitarbeiter Orbans.
Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund begrüßte die Entscheidung
der Kommission umgehend. «Die Kommission muss hart bleiben», teilte
er mit. EU-Geld dürfe erst dann wieder in vollem Umfang an Ungarn
fließen, wenn EU-Recht durchgesetzt werde.
Ungarn hoffte auf Verhandlungen
Gulyas bezeichnete die durch dieses Urteil entstandene Situation als
«inakzeptabel, intolerabel und würdelos». Ungarn hoffe, die Lage
durch Verhandlungen mit der EU-Kommission bereinigen zu können.
Außerdem erwäge sein Land, die EU auf dem Prozessweg dazu zu bringen,
sich an den Kosten zu beteiligen, die Ungarn durch den aufwendigen
Schutz seiner Grenzen gegen irreguläre Migranten habe.
Im Sommer 2015 hatte Ungarn inmitten der Flüchtlingskrise
Stacheldrahtzäune an seinen Grenzen zu Serbien und Kroatien
errichtet. Dadurch kamen nur noch wenige irreguläre Migranten über
die Balkan-Route in das Land.