Industrie kritisiert EU-Pläne für russisches Gas ab 2027

06.12.2025 10:48

Die EU will ab 2027 kein russisches Erdgas mehr importieren. In Leuna
warnt man vor steigenden Energiepreisen und fehlenden Alternativen
für die Industrie.

Leuna (dpa/sa) - Der Chemiestandort Leuna hat deutliche Kritik am von
der Europäischen Union geplanten vollständigen Importstopp für
russisches Erdgas ab 2027 geäußert. Die Entscheidung werde die
Energiepreise für die Industrie nach oben treiben, sagte der
Vertriebsleiter der InfraLeuna GmbH, Martin Naundorf, MDR aktuell.
Die Industrie stehe vor der Herausforderung, dass es durch diese
Entscheidung «ein verknapptes Angebot» geben werde und zugleich
«wirklich valide Alternativen» fehlten.

Naundorf nannte den geplanten Importstopp «eine politische
Entscheidung». Der Standort Leuna verbraucht nach Angaben Naundorfs
jährlich vier bis fünf Terawattstunden Erdgas und zählt damit zu den

größten industriellen Gasabnehmern in Ostdeutschland. Der Verbrauch
entspreche etwa zwei Dritteln aller privaten Haushalte in
Sachsen-Anhalt. Obwohl sich die Bezugswege verändert hätten, stammten
weiterhin rund 20 Prozent der europäischen Gasimporte aus Russland -
inzwischen überwiegend als Flüssiggas. 

Der Großhandelspreis für Erdgas war im Zuge des russischen Überfalls

auf die Ukraine stark gestiegen. Inzwischen ist er nach Daten der
Bundesnetzagentur deutlich gesunken, liegt aber noch höher als in den
Jahren vor Krise. Die EU sieht die Energiekrise als überwunden an und
will mit dem Komplettausstieg aus russischem Gas ihre Unabhängigkeit
von Moskau stärken. 

«Weltmeister im Ausstieg» - aber ohne Plan für Alternativen

Kritisch äußerte sich Naundorf auch dazu, dass die Politik aus seiner
Sicht zwar Ausstiege beschließe, aber keine entsprechenden Einstiege.
«Wir sind Weltmeister im Ausstieg aus bestimmten Energieformen und
bestimmten Produktionen.» Der Einstieg in erneuerbare Energien sei
zwar «gut und richtig», ersetzte aber nicht «die grundlastfähigen
Kraftwerke, die wir bisher mit der Kernenergie beziehungsweise auch
mit der Braun- und Steinkohle hatten». 

«Ich vermisse die Auskunft oder die Entscheidung, woher wir die
Energie, die wir nun mal brauchen, beziehen», kritisierte Naundorf.
Wenn es keine zusätzlichen grundlastfähigen Energiequellen gebe,
werde es «über kurz oder lang eine Abwanderung der energieintensiven
Industrie» geben. Mit Blick auf mögliche Folgen sagte er: «Wir werden

unseren Wohlstand, so wie wir ihn heute kennen, verlieren
beziehungsweise einschränken müssen, wenn wir diese Entscheidung
konsequent weiter vollziehen.»