Milchkrise: EU-Kommission macht neue Vorschläge

15.09.2009 15:19

   Växjö/Berlin (dpa) - Angesichts der niedrigen Preise für M
ilch
gerät die Europäische Kommission immer stärker unter Handlungsdruck.
Zwei Drittel der 27 EU-Staaten forderten Agrarkommissarin Mariann
Fischer Boel auf, Vorschläge für kurz- und langfristige Hilfen
zugunsten der Landwirte vorzulegen. «Die globale Wirtschaftskrise
hält den europäischen Milchmarkt auch weiterhin im Würgegriff», hie
ß
es in dem Aufruf beim Treffen der EU-Agrarminister am Dienstag im
schwedischen Växjö. Der Deutsche Bauernverband sieht nach der
Talfahrt der Preise jedoch allmählich eine Trendwende. «Die Preise
für Milchpulver, Butter, Sahne und einige Käsesorten sind auf den
weltweiten Märkten leicht angezogen», erklärte der Verband in Berlin.

   Zu den Forderungen der 18 EU-Staaten zählen eine vorübergehend
e
Erhöhung des Preises für Aufkäufe und mehr Exporthilfen für Butter,
Milchpulver und Käse. Fischer Boel hat dies zwar abgelehnt, will am
Donnerstag aber neue Vorschläge machen. Sie betonte, nichts
ausgeschlossen zu haben, außer die Beschlüsse im Rahmen der jüngsten
Agrar-Mini-Reform («Gesundheitscheck») wieder zurückzunehmen. Mit
Blick auf die Milch sieht diese vor, die Milchquote bis 2013
schrittweise zu erhöhen und 2015 auslaufen zu lassen. Sie werde
«kurz- und langfristige Lösungen» vorschlagen, sagte Fischer Boel.

   «Wir erwarten ein schlüssiges Konzept», sagte Agrarministeri
n Ilse
Aigner (CSU). Zu der Gruppe von Ländern zählen neben den Initiatoren
Deutschland und Frankreich mittlerweile auch Spanien, Finnland und
Tschechien. Die Niederlande, Großbritannien und Italien, die
kostengünstiger produzieren als beispielsweise Deutschland,
verweigerten die Unterstützung.

   Selbst wenn Fischer Boel mehr Aufkäufe, Lagerhaltung oder
Exporterstattungen ablehnt, so zeichneten sich am Rande des
zweitägigen informellen Treffens doch Hilfsmöglichkeiten ab. So will
die Bundesregierung eine europäische Regelung für die freiwillige
Stilllegung von Milchquoten einzelner Betriebe. Damit würden diese
Quoten nicht ausgeschöpft, verfielen für das Mitgliedsland aber auch
nicht.

   Fischer Boel brachte einen staatlichen Aufkauf von Quoten ins
Gespräch, die dann aber gänzlich verfiele. Eine weitere Möglichkeit
sei die Ausweitung des EU-«Schulmilchprogramms», hieß es aus
Delegationskreisen.

    Für einen weiteren Vorschlag Fischer Boels, eine Strafzahlung
auf
Betriebsebene, zeichnete sich dagegen wenig Unterstützung ab. Diese
Strafe wäre fällig, wenn ein Betrieb sein Limit überschreitet, aber
das EU-Land insgesamt seine Quote unterschreitet.

   Von den Geldern sollten etwa Vorruhestandsregelungen bezahlt
werden. Derzeit wird auf nationaler Ebene aufgerechnet
(«Saldierung»), überschreitet dann ein Land seine Milchquote, muss es
der EU Strafen bezahlen, die es sich von den Betrieben zurückholt.

   Die Quote begrenzt die gesamte erlaubte Produktion. Mit dem
Instrument versucht die EU seit 1984, durch die Steuerung des
Angebots die Preise stabil zu halten. Die Quote wird derzeit
schrittweise erhöht und läuft 2015 aus. Wegen der niedrigen Preise
hatte Aigner zuletzt vor gut einer Woche gefordert, die Quote
nächstes Jahr nicht zu erhöhen. Damit war sie aber bei Fischer Boel
und einer Mehrheit der EU-Staaten auf taube Ohren gestoßen.

   Im Moment liegt der Milchrohpreis bei etwa 20 Cent je Liter, die
langfristige Tendenz zeigt jedoch nach oben. «Wir hoffen alle, dass
sich der Markt erholt», sagte Aigner. Wichtig sei aber, dass dann die
eingelagerten Mengen an Milchprodukten «nicht schlagartig auf den
Markt kommen».

Der Deutsche Bauernverband warf der EU-Kommission Untätigkeit vor.
«Jetzt muss die EU-Kommission durch Absatz fördernde Maßnahmen alles
unternehmen, um eine schnelle nachhaltige Markterholung zu
erreichen», sagte Generalsekretär Helmut Born. Die Milchlieferungen
seien trotz Aktionen des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter
konstant. Der Deutsche Bauernverband lehnt einen Milchstreik ab.
dpa dj/vr xx z2 kk