EU-Sondergipfel wird immer wahrscheinlicher

26.10.2009 19:45

Luxemburg (dpa) - Die EU-Regierungen werden möglicherweise erst
bei einem Sonder-Gipfeltreffen im November über die Vergabe neuer
wichtiger Posten entscheiden können. Dies zeichnete sich am Montag in
Luxemburg bei Beratungen der EU-Außenminister ab. Schwedens
Europaministerin Cecilia Malmström, derzeit Vorsitzende des Rates,
sagte, selbst im günstigsten Fall sei ungewiss, ob beim nächsten
EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag bereits über die neuen Posten
entschieden werden könne. Dabei geht es um einen ständigen
EU-Ratspräsidenten und einen «Außenminister» mit neuen Befugnissen.

Malmström schloss einen Sondergipfel im November nicht aus, weil
der bisher vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus blockierte
«Lissabon-Vertrag» spätestens zum Jahreswechsel in Kraft treten soll.
Zuvor müssen die Spitzen-Personalentscheidungen fallen. Entscheidend
sei, welchen Termin das tschechische Verfassungsgericht an diesem
Dienstag für eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des
EU-Reformvertrages nenne. «In ein paar Tagen werden wir einen
klareren Zeitplan haben. Wir schließen nichts aus», sagte Malmström
zur Frage nach einem Sondergipfel.

Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft habe bisher noch keine
Konsultationen mit den Mitgliedstaaten über die Posten des
Ratspräsidenten und des Außenministers begonnen. Möglicherweise kön
ne
dies am Dienstag beginnen. Es bleibe jedoch abzuwarten, ob es dann
bis zum Donnerstag die erforderliche große Mehrheit für eine
Besetzung der beiden Posten gebe. «Da ist Zeit für Konsultationen
und eine erste Debatte», sagte Malmström zum Gipfeltreffen vom
Donnerstag und Freitag in Brüssel.

Der frühere britische Regierungschef Tony Blair ließ am Montag
klarmachen, dass er nur dann EU-Ratspräsident werden wolle, falls er
umfassende Vollmachten bekomme und eine «strategische Rolle» in der
EU spielen dürfe. Der britische Außenminister David Miliband, ein
enger Vertrauter von Blair, sagte, falls ein «strategischer Führer»
gesucht werde, stehe Blair zur Verfügung. Falls man jemanden suche,
«der beim Gipfel die Tagesordnungspunkte abhakt», sei Blair nicht der
richtige Mann. «Ich unterstütze Tony Blair», sagte Frankreichs
Außenminister Bernard Kouchner. Blair trifft jedoch bei einer Reihe
von Staaten auf starken Widerstand - unter anderem, weil er
Großbritannien aus der Euro-Währung und dem grenzkontrollfreien
Schengen-Raum herausgehalten hat.

«Wir brauchen Superstars als unsere Vertreter, die aber nicht nur
die Belange der Großen berücksichtigen, sondern auch die der kleinen
Staaten», sagte der litauische Außenminister Vygaudas Usackas. «Es
wird viele Namen geben, die umherschwirren. Mir ist wichtig, dass es
starke und überzeugte Europäer sind», sagte der finnische
Außenminister Alexander Stubb. «Wir sollten einen starken
EU-Präsidenten haben und ich denke, wir sollten einen starken
EU-Außenminister haben. Das ist unsere Gelegenheit, unsere Autorität
in der Außenpolitik auszubauen.» Die Außenminister einigten sich in
Luxemburg auf die Grundzüge des künftigen diplomatischen Dienstes der
EU, den der Lissabon-Vertrag vorsieht.

Die EU-Staaten wollen erst über die beiden Spitzenpositionen
entscheiden, wenn klar ist, dass Tschechiens Präsident Klaus den
Lissabon-Vertrag tatsächlich unterschreiben wird. Sollte die
Ratifizierung des Vertrags durch Klaus erst nach dem Gipfel vom
Donnerstag absehbar sein, so ist nach Angaben von Diplomaten ein
Sondergipfel wahrscheinlich. Der Lissabon-Vertrag soll in der stark
gewachsenen EU die Entscheidungsfindung einfacher machen und unter
anderem für mehr Mitwirkung des Europaparlaments und nationaler
Parlamente sorgen.
dpa eb/kr xx z2 dm