Juncker will EU-Ratspräsident werden

27.10.2009 13:33

   Luxemburg (dpa) - Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker
(54) ist weiter daran interessiert, der erste ständige Ratspräsident
der Europäischen Union zu werden. «Wenn alles passt und wenn der
Wunsch an mich herangetragen würde, würde ich nicht von vornherein
Nein sagen. Aber das Profil muss passen», sagte Juncker kurz vor dem
am Donnerstag in Brüssel beginnenden EU-Gipfel der dpa Deutsche
Presse-Agentur in Luxemburg.

   Das neue Amt des Ratspräsidenten muss ebenso wie das des
«Außenministers» der EU besetzt werden, sobald Tschechiens Präsiden
t
Vaclav Klaus seine Unterschrift unter die Ratifizierungsurkunde des
EU-Vertrags von Lissabon gesetzt hat. Es ist aber noch unklar, ob
über die Besetzung der Spitzenposten beim Gipfel Ende dieser Woche
wirklich entschieden werden kann. Auch der britische Ex-
Regierungschef Tony Blair hat Interesse an dem Posten erkennen
lassen.

   «Ich würde es begrüßen, wenn man zuerst über Profil und
Amts- und
Aufgabenfülle des Präsidenten reden und sich erst dann zu
Personalentscheidungen bewegen würde», sagte Juncker. «Es gibt aber
eine beharrliche Weigerung der Regierungschefs, über die
Aufgabenfülle des ersten Präsidenten des Europäischen Rates zu
reden.»

Der Ratspräsident dürfe «weder Grüßaugust noch Frühstücksd
irektor»
sein. Sein Interesse setze voraus, «dass der Präsident des
Europäischen Rates nicht weniger Einfluss hat als der Premierminister
Luxemburgs». Der EU-Ratspräsident soll künftig die Gipfeltreffen der
Staats- und Regierungschefs leiten und vorbereiten.

   Ohne Blair, der eine «strategische Rolle» des EU-Ratspräside
nten
gefordert hat, namentlich zu nennen, sagte Juncker: «Ich bin der
Meinung, dass der EU-Ratspräsident ein Handwerker sein muss, der
europäische Kompromisse nach innen befördert, weil nur europäische
Kohärenz nach Innen auch gemeinsames Auftreten der Europäischen Union
nach Außen ermöglichen wird.»

Juncker, dienstältester Regierungschef der EU, sagte: «Europa
findet statt zwischen Sitzungsbeginn und Sitzungsende - und vor allem
vor Sitzungsbeginn. Da braucht es einen Handwerker, der die
europäischen Dinge kennt - lange kennt, gut kennt.»

   «Wir sind der Auffassung, dass der Präsident des Rates nicht
lauthals für die Europäische Union international wirken kann, ohne
auch sicher zu sein, dass er wirklich im Namen aller 27
Mitgliedstaaten redet», sagte der Premierminister. «Singuläre
Wortmeldungen eines EU-Ratspräsidenten, der sich nicht der Zustimmung
aller 27 sicher ist, werden am Anfang gut wirken, werden aber auf
Dauer zu einer Verminderung europäischen Einflusses in der Welt
führen.»

Juncker forderte, dass die Staats- und Regierungschefs am diesem
Donnerstag und Freitag in Brüssel «zu einer klaren Vereinbarung in
Sachen Klimaschutz kommen». Die EU könne beim Weltklimagipfel in
Kopenhagen im Dezember nicht glaubwürdig auftreten, falls sie sich
nicht intern auf eine Verteilung künftiger Lasten festgelegt habe.
Bisher fehlt der EU eine Vereinbarung, wie künftig Klimamaßnahmen in
den Entwicklungsmaßnahmen finanziert werden können.

Gespräch: Dieter Ebeling und Christian Böhmer, dpa
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