EZB: Politik des billigen Geldes läuft langsam aus Von Marco Krefting und Harald Schmidt, dpa

07.10.2010 16:56

Der Euroraum macht bei einem möglichen Währungskrieg nicht mit.
Europas Währungshüter unterstützen die Märkte zwar wie geplant weit
er
mit Liquidität. Statt die Sondermaßnahmen wie andernorts auszuweiten,
steht der Ausstieg aus der üppigen Geldversorgung auf der Agenda.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) zeigt
sich von den Sorgen um einen möglichen Währungskrieg unbeeindruckt.
Während Länder wie Japan oder die USA die Märkte mit immer mehr Geld

fluten, halten Europas oberste Währungshüter am allmählichen Ausstieg

aus der Politik des billigen Geldes fest: «Unsere Politik hat sich in
den vergangenen vier Wochen absolut nicht geändert», sagte EZB-
Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt.

So lange die Finanzmärkte nicht wieder vollständig funktionierten,
werde die Notenbank die Märkte aber vorerst weiter mit ungewöhnlichen
Maßnahmen stützen. Allerdings werde der Umfang der Geschäfte bereits

nach und nach zurückgefahren.

Der Leitzins im Euroraum bleibt wie erwartet auf dem Rekordtief
von 1,0 Prozent, wie der EZB-Rat am Donnerstag beschloss. Der
wichtigste Zins zur Versorgung der Banken in den 16 Euroländern mit
Zentralbankgeld verharrt seit Mai 2009 auf diesem Niveau. Höhere
Zinsen würden Kredite verteuern und könnten daher Gift für die
Erholung der Konjunktur sein. Auch die britische Notenbank ließ ihren
Leitzins am Donnerstag bei 0,5 Prozent.

Aus Sicht von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hat Trichet am
Donnerstag den Eindruck bekräftigt, dass die EZB anders als die US-
Notenbank ihre ohnehin sehr expansive Geldpolitik wohl nicht weiter
lockern wird: «Die von der Fed betriebene Dollar-Schwäche wird sich
wohl weiter vor allem in einer Stärke des Euro niederschlagen.»

Nach Trichets Rede kletterte der Euro erstmals seit Monaten
kurzzeitig wieder über 1,40 US-Dollar. Zum Höhepunkt der
Staatsschuldenkrise war der Kurs im Frühjahr zeitweise unter 1,20
Dollar gefallen.

Vor allem die USA und Europa werfen China vor, den Yuan-Kurs
niedrig zu halten und damit chinesische Waren im internationalen
Handel künstlich zu verbilligen. Trichet stellte am Donnerstag klar,
dass er weiter Vertrauen habe in das Versprechen der chinesischen
Notenbank, die seit zwei Jahren geltende feste Bindung des Yuan an
den US-Dollar wieder aufzuheben und den Wechselkurs langsam zu
flexibilisieren. «Mehr als je zuvor bin ich der Meinung, dass
Wechselkurse wirtschaftliche Wahrheiten widerspiegeln sollten.»

Notenbanken etwa in Japan, USA oder Brasilien halten die
Geldschleusen weiterhin weit geöffnet, um die Wirtschaft ihrer Länder
zu unterstützen. Mit dieser Politik bleiben ihre Währungen günstig -

auf Kosten anderer Volkswirtschaften. Das nahmen der Internationale
Währungsfonds IWF und die Weltbank zum Anlass, vor den Folgen eines
Abwertungswettlaufs von Währungen zu warnen. Es sei wohl so, dass
mehrere Länder ihre Währung als Waffe einsetzten, sagte IWF-Direktor
Dominique Strauss-Kahn am Donnerstag einen Tag vor dem Beginn der
Jahrestagung von Fonds und Weltbank in Washington: «Und das
geschieht bestimmt nicht zum Besten der Weltwirtschaft.»

Die USA erklären einen möglichen Anleihenkauf mit ihrem Kampf
gegen eine drohende Deflation. Kritiker sehen jedoch ein Bemühen, den
Dollar-Kurs zu schwächen, um die Exportwirtschaft anzukurbeln. Dieser
Einschätzung widerspricht Trichet: «Ich teile die Auffassung der US-
Behörden, dass ein starker Dollar im Interesse der USA ist.»

Dennoch dürfte die Politik der amerikanischen Notenbank Fed
Auswirkungen auf Europa haben, in dem sie den Rückkehr zur Normalität
erschwere, wie die Bank Unicredit betont: «Jede Rücknahme
unkonventioneller Maßnahmen seitens der Europäischen Zentralbank
könnte zu einer unerwünschten Aufwertung der Gemeinschaftswährung
führen, was wiederum die Abwärtsrisiken für die Wachstums- und
Inflationsprognosen der EZB für 2011 erhöhen würde.»

Die EZB sieht ihre Erwartungen bestätigt, dass die Wirtschaft im
zweiten Halbjahr dieses Jahres auf der ganzen Welt moderat weiter
wachse. EZB-Chef Jean-Claude Trichet sagte, dass die globale Erholung
fortschreiten werde, was positive Auswirkungen auf die Exporte der
Euro-Länder haben werden. Zugleich betonte er: «Wir sind auf einem
bescheidenen Wachstumspfad. Wir erklären nicht den Sieg.» Die
Inflationsrate für den Euroraum lag im September mit 1,8 Prozent
weiterhin unter der EZB-Warnschwelle.

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