Montenegro wird EU-Kandidat

05.11.2010 14:45

   Brüssel/Podgorica (dpa) - Montenegro kommt auf dem Weg in die
Europäische Union überraschend gut voran: Die EU-Kommission wird am
kommenden Dienstag den Kandidatenstatus und damit die Aufnahme des
kleinen Adria-Staates empfehlen. Das geht aus dem Entwurf des
Berichts hervor, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel
vorliegt. Dagegen hat die Kommission gegenüber einer Kandidatur
Albaniens Bedenken und wird ihre Meinungsbildung aufschieben. Der
Bericht über die beiden Länder ist Teil des jährlichen EU-
Fortschrittsberichts, der auch weitere Kandidatenländer umfasst.

Nach Ansicht der Brüsseler Experten erfüllt Montenegro in punkto
Demokratie und Menschenrechte die Voraussetzungen. Allerdings
verlangt die Kommission von dem Land Reformen in der Justiz und
Staatsverwaltung, da diese heute noch stark politisch gefärbt seien.
Montenegro müsse auch die Organisierte Kriminalität entschiedener
bekämpfen und seine Demokratie stärken. «Die Parlamentarischen
Institutionen und Prozeduren funktionieren noch nicht richtig»,
schreibt die Kommission in dem Papier.

Das kleine Balkanland hatte Ende 2008 in Brüssel einen
entsprechenden Antrag gestellt. Erweiterungskommissar Stefan Füle
will die offizielle Entscheidung am Mittwoch der montenegrinischen
Regierung in Podgorica überreichen. Montenegro liegt an der südlichen
Adria und war erst 2006 nach der Auflösung von Rest-Jugoslawien und
der Trennung von Serbien selbstständig geworden. Das Land hat 620 000
Einwohner, die schon heute mit Euro bezahlen.

Für Albanien fällt das Urteil nicht so positiv aus. Grund dafür
sind unter anderem innenpolitische Probleme. Albaniens oppositionelle
Sozialisten hatten nach den Wahlen im Juni 2009 monatelang das
Parlament boykottiert.

Der Bericht der EU-Kommission ist der erste Schritt in einem
langwierigen Verfahren. Nach der ersten Prüfung durch die EU-
Kommission entscheidet der EU-Ministerrat einstimmig über ein
Verhandlungsmandat. Die Kommission prüft dann, wo das nationale Recht
an das bestehende EU-Recht (den sogenannten Besitzstand/«Acquis»)
angepasst werden muss. Die Verhandlungen dauern in der Regel
mindestens fünf Jahre.

Jeder europäische Staat kann die Aufnahme in die EU beantragen,
die derzeit 27 Mitglieder hat. Derzeit gehören die Balkanstaaten
Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien und Kosovo zu den
«potenziellen Kandidaten». Die frühere jugoslawische Republik
Mazedonien, Kroatien, Island und die Türkei sind «Kandidatenländer»
,
weil für sie bereits die Aufnahme von Verhandlungen beschlossen
wurde. Einem Beitritt am nächsten sind Island und Kroatien.

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## Internet
- [EU-Kommission zur Erweiterung](http://dpaq.de/WEm3r)
- [Homepage Regierung in Englisch](http://dpaq.de/8LCXi)

## Orte
- [Regierung](Podgorica, Montenegro)