Rechnungsprüfer bemängeln Bahn-Planungen in EU

01.12.2010 15:03

   Brüssel (dpa) - Teure Bahnstrecken für Hochgeschwindigkeitsz
üge
sollen künftig nur noch dort gebaut werden, wo sie wirklich nötig
sind. Das fordert der Europäische Rechnungshof in einem Prüfbericht
über die Sinnhaftigkeit milliardenschwerer Bahnprojekte. «Das Kosten-
Nutzen-Verhältnis könnte verbessert werden», sagte Henri Grethen, f
ür
Verkehr zuständiges Mitglied der Behörde, am Mittwoch bei der
Vorstellung des Berichtes in Brüssel.

Die Rechnungsprüfer bemängelten, dass die Großvorhaben oft nicht
auf einer Analyse der derzeitigen oder erwarteten Verkehrsströme
beruhten. Die EU-Kommission müsse besser mit den Mitgliedstaaten
zusammenarbeiten, «um diejenigen transeuropäischen Korridore zu
ermitteln, auf denen ein erheblicher Bedarf besteht oder in Zukunft
erwartet wird». Die EU hat allein zwischen 2000 und 2006
30,7 Milliarden Euro an Zuschüssen und Darlehen für den Bau
transeuropäischer Bahnnetze gewährt.

Bei der stichprobenartigen Prüfung von 21 hochmodernen
Streckenabschnitten, in die 8,6 Milliarden Euro EU-Gelder flossen,
stießen die Rechnungsprüfer auf mancherlei Probleme. Auf der Strecke
Nürnberg-Ingolstadt etwa stellte man erst nach der Fertigstellung
fest, dass dort schnelle Güterzüge «wegen Luftdruckproblemen in den
Tunnelabschnitten nicht aneinander vorbeifahren konnten». Nun führen
dort ausschließlich Personenzüge mit Hochgeschwindigkeit.

   Zwischen Nürnberg und Ingolstadt wurde die Fahrzeit mit einer
Investition von 2,3 Milliarden Euro um 25 Minuten verkürzt. Das
entspricht präzise der Zeit, die ein Güterzug auf dem Weg von
Deutschland nach Italien verliert, wenn er den Grenzbahnhof
Brennersee passiert.

   Dort nämlich nehmen italienische Behörden eine
Sicherheitsüberprüfung des Zuges vor, weil Italien die kurz zuvor in
München vorgenommene deutsche Sicherheitskontrolle nicht anerkennt.
Zwei italienische Lokführer übernehmen die Kontrolle des Zuges, der
bisher von einem einzigen deutschen Lokführer gesteuert wurde.
Italienische Lokomotiven werden an die Stelle der deutschen und
österreichischen rangiert. Die italienischen «Zugschlusssignale» -
Lichter statt der deutsch-österreichischen Reflektortafeln - werden
am Ende des Zuges angebracht. Sie schmücken in Großaufnahme nun auch
das Ende des Rechnungshofberichtes.

Als Beispiel für verbesserungsfähige Planung wird auch die
Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Perpignan (Frankreich) und
Barcelona (Spanien) genannt. Sie kann nicht genutzt werden, weil auf
spanischer Seite noch die Verbindungsstrecke fehlt. Die soll nicht
vor 2012 fertiggestellt sein. Zwischen Rom und Neapel sowie zwischen
Bologna und Florenz wurden Hochgeschwindigkeitsstrecken besonders
aufwendig gebaut, um auch Güterverkehr aufnehmen zu können.
Allerdings verkehren auf der neuen Strecke bis auf weiteres keine
Güterzüge.

   In der Slowakei gibt es eine Strecke, die bis Tempo 160 zugelassen

ist - doch keine Züge, die so schnell fahren können. Ein ähnliches
Problem gibt es auch auf drei Strecken in Italien: Dort gibt es keine
Güterzuglokomotiven, die die Mindestgeschwindigkeit von 120
Kilometern pro Stunde schaffen.

# dpa-Notizblock

## Internet
- [Prüfbericht](http://dpaq.de/DBuqb)
 
## Orte
- [Europäischer Rechnungshof](12, rue Alcide De Gasperi, L-1615
Luxemburg, Luxemburg)