Schweiz: «EU schwerfälliges Konstrukt» - Kein Beitritt

06.01.2011 16:46

Wildbad Kreuth (dpa) - Die Schweiz hat die Europäische Union als
«schwerfälliges Konstrukt» bezeichnet und einen Beitritt zur EU
erneut abgelehnt. Die Schweizer Bundesrätin Doris Leuthard sagte am
Donnerstag bei einer CSU-Klausurtagung im bayerischen Wildbad Kreuth,
auch wegen der Schwäche des Euro werde die Schweiz jetzt keine
Beitrittsdiskussion «anzetteln». Die Mehrheit der Schweizer wolle
ohnehin keine Mitgliedschaft. Leuthard forderte Deutschland zugleich
zu einem stärkeren Engagement zur Finanzmarktregulierung in der G20,
der Gruppe der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt, auf.

«Gerade diese Situation mit dem Euro hat nicht unbedingt Vertrauen
in funktionierende Mechanismen gestärkt», sagte Leuthard. Sie sprach
von einer «einstimmigen Position der Regierung» in Bern und meinte:
«Die EU ist auch ein schwerfälliges Konstrukt geworden, ein
Konstrukt, das wahrscheinlich im Moment noch sehr viel mit sich
selbst beschäftigt ist.» Ihre Regierung plane aber Schritte zur
Integration.

Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker hatte die
Schweiz jüngst zum EU-Beitritt aufgefordert. In der Schweiz hat es
bei Volksabstimmungen bislang nie eine Mehrheit für einen EU-Beitritt
gegeben. Seit 2008 ist das Land aber Mitglied des Schengen-Raums.

Zu den Bemühungen einer internationalen Regulierung der
Finanzmärkte sagte Leuthard: «Wir hoffen natürlich, dass Deutschland

als Mitglied der G20 auf internationaler Ebene mit dafür sorgt, dass
man nicht nur von Empfehlungen spricht und nette Pressekommuniqués
publiziert, sondern (...) jetzt Nägel mit Köpfen macht.» Die Schweiz

strebe international schärfste Vorgaben für die Banken an, eigenes
Kapital zu erhöhen, so dass künftig nicht mehr die Steuerzahler die
Risiken trügen. Das müsse die Privatwirtschaft selber lösen.

Mit dem Blick auf die Forderungen von Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) in der Griechenlandkrise, dass hoch verschuldete Länder
durch harte Sparmaßnahmen zur Problemlösung herangezogen werden,
sagte Leuthard: «Wir danken Deutschland, der harten Haltung auch der
Kanzlerin.» Kritik etwa aus den USA an dem hohen deutschen Export
wies die Bundesrätin zurück: «Hören Sie nicht auf die Unkenrufe,
Deutschland müsse den Export drosseln. Wenn man stark ist, soll man
noch stärker werden und sich nicht selber schwächen.»

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