Brüssel erwägt EU-Staatsanwaltschaft gegen Betrug

26.05.2011 14:25

Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission will härter gegen Betrug bei
EU-Mitteln vorgehen. Dafür erwägt sie den Aufbau einer europäischen
Staatsanwaltschaft. Nach einem Vorschlag der Kommission sollen die 27
Staaten die Strafen für Betrugsdelikte angleichen. Staatsanwälte und
Gerichte sollen Betrug und Korruption im Zusammenhang mit Mitteln aus
dem EU-Haushalt besser verfolgen und zusammenarbeiten. Für den Fall,
dass die Staaten nicht kooperieren, droht Brüssel mit einer eigenen,
europäischen Staatsanwaltschaft, um den Tätern auf die Schliche zu
kommen.

«Straftaten gegen den EU-Haushalt sind Straftaten gegen den
europäischen Steuerzahler», sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding
am Donnerstag in Brüssel. «In Zeiten knapper Haushalte zählt jeder
Cent.»

Eine solche Ermittlungsbehörde wäre ein Novum in der EU. Der
Vertrag von Lissabon sieht in Artikel 86 eine solche
Staatsanwaltschaft aber ausdrücklich vor. Dem Vorschlag müssen die 27
EU-Staaten und das Europaparlament zustimmen.

Nach Angaben der EU-Behörde gingen dem EU-Haushalt durch
Betrügereien allein im Jahre 2009 rund 280 Millionen Euro verloren.
Kriminelle erschlichen sich Geld aus EU-Fonds, umgingen den Zoll oder
betrogen bei der Abrechnung der Mehrwertsteuer. Gut jeder zweite Fall
bleibe ungestraft, kritisierte die Kommission. Häufig stellten
nationale Strafverfolgungsbehörden die von der
EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf angestoßenen Verfahren ein.

Als Basis für eine europäische Staatsanwaltschaft könnte die
Justizbehörde Eurojust dienen, die bislang auf europäische Ebene
grenzüberschreitende Strafverfahren koordiniert, aber nicht selbst
ermitteln darf. Auch Olaf müsse gestärkt werden, so die Kommission.
Was in einem Staat als Unterschlagung gelte, sei woanders nur eine
Bagatelle - darum müssten die Staaten die Definitionen von Straftaten
wie Veruntreuung oder Amtsmissbrauch angleichen. Auch das Strafmaß
müsse gleich sein.

Der Bund der Steuerzahler begrüßte den Vorstoß aus Brüssel.
Allerdings müssten Parallelstrukturen und zu viel Bürokratie
vermieden werden. «Mehr Personal und mehr Regeln bedeuten nicht
automatisch mehr Kontrolle und mehr Wirksamkeit», erklärte der
Präsident des europäischen Steuerzahlerbundes (TAE), Rolf von
Hohenhau, in einer Mitteilung.

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## Internet
- [Mitteilung EU-Kommission](http://dpaq.de/t3fAR)
- [Vertrag von Lissabon](http://dpaq.de/VJh4R)

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