Euro-Gipfel: Banken erstmals bei Griechenland-Rettung dabei

21.07.2011 14:48

Das neue Hilfspaket für Griechenland kommt. Erstmals werden sich
Banken und Versicherungen an den Kosten beteiligen - so sieht die
Linie des Brüsseler Krisengipfels aus. Die Kanzlerin hätte zentrale
Forderungen durchgesetzt.

Brüssel (dpa) - Zur Rettung Griechenlands steuern die Euro-Länder
auf ein neues Hilfspaket mit erstmaliger Beteiligung von Banken und
Versicherungen zu. Deutschland habe bei den Verhandlungen um das 120
Milliarden Euro schwere Paket im wesentlichen seine Linie
durchgesetzt, sagten Diplomaten am Donnerstag beim Brüsseler
Euro-Krisengipfels.

Berlin hatte darauf gepocht, den Steuerzahler bei künftigen
Rettungsaktionen zu entlasten und private Gläubiger zu beteiligen.

Im Gespräch war bei der Bankenbeteiligung ein Tausch griechischer
Anleihen gegen solche mit längeren Laufzeiten. Diese neuen Bonds
könnten durch Garantien abgesichert werden.

Im Gegenzug zur Beteiligung privater Gläubiger wird nach
Diplomatenangaben der Krisenfonds zur Rettung wackelnder Eurostaaten
(EFSF) zum Ankauf von Staatsanleihen genutzt. Dies war von deutscher
Seite bislang kritisch gesehen worden. Die von Frankreich
favorisierte Bankenabgabe werde zunächst nicht weiter verfolgt.

Der EFSF wurde ursprünglich als Feuerwehr geschaffen, um
finanzschwache Staaten vor der Pleite zu bewahren - wie bisher Irland
und Portugal. Neben der Lösung der griechischen Finanzprobleme ging
es dem Gipfel auch darum zu verhindern, dass die Schuldenkrise ein
Flächenbrand wird und große Euroländer wie Italien oder Spanien
erfasst.

Eine Beteiligung privater Investoren galt als Problem, weil sie
von den Ratingagenturen als teilweiser Zahlungsausfall («selective
default») gewertet wird, was unkalkulierbare Folgen an den
Finanzmärkten haben könnte. Einen solchen «Zahlungsausfall»
Griechenlands nehmen die Euro-Staaten nun offensichtlich in Kauf.

Der Euro-Gipfel will nach den Angaben aus den Delegationen auch
vorsorgen, dass die griechischen Banken nicht abstürzen. Wie
Diplomaten berichteten, gab die Europäische Zentralbank (EZB) ihre
Fundamentalopposition gegen die Bankenbeteiligung auf.

Zu dem Hilfsprogramm gehört, dass Griechenland längere
Rückzahlungsfristen für Kredite erhält und niedrigere Zinsen zahlen
muss. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann sagte: «Die Zeiträume

müssen sich so erstrecken, dass die Griechen sich das leisten
können.»

Griechenland war bereits 2010 mit internationalen Kreditzusagen
von 110 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt worden. Dieses Paket
reicht aber inzwischen nicht mehr aus.

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin
Angela Merkel hatten am Mittwochabend in Berlin den Weg für ein neues
Rettungspaket frei gemacht. Um Details wurde seit Monaten heftig
gestritten.

Die Staats- und Regierungschefs griffen in Brüssel auf den
Sachverstand von Vertretern der Finanzbranche zurück. So war
Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann als Vorsitzender des
internationalen Bankenverbands IIF und der Chef der großen
französischen Geschäftsbank BNP Paribas, Baudouin Prot, mit dabei.

Frankreich hatte eine Bankenabgabe gefordert, konnte sich aber
gegen Berlin nicht durchsetzen. Deutschland war dagegen, weil die
Einnahmen nicht einzelnen Ländern, sondern der EU zur Verfügung
gestellt werden sollten. Mit dieser Abgabe hätte man weitere Hilfen
für Athen finanzieren können.

Der Gipfel begann am Mittag mit einem Treffen von acht
EU-Spitzenvertretern im kleinen Kreis. «Es geht gut voran», sagte ein
Diplomat nach der Begegnung.

Wie es weiter hieß, saßen Merkel, Sarkozy, Eurogruppen-Chef
Jean-Claude Juncker und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Tisch.
An dem Treffen nahmen auch die Chefin des Internationalen
Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, Griechenlands Premier Giorgos
Papandreou sowie von der EU-Seite Ratspräsident Herman Van Rompuy und
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso teil.

Vor Beginn der Beratungen zeigten sich die Chefs optimistisch, das
Paket verabschieden zu können. «Mit diesem Programm wollen wir die
Probleme auch wirklich an der Wurzel anpacken», sagte Merkel. Das
Ziel lautet, die äußerst nervösen Finanzmärkte für längere Zeit
zu
beruhigen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte: «Ich bin
sicher, dass wir eine Lösung finden werden, eine gute Lösung für
Griechenland und für alle Euro-Mitglieder.»

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