EU-Gericht beschränkt Verkauf von Gen-Honig

06.09.2011 17:15

Honig muss frei von Gentechnik sein - oder über eine spezielle
Zulassung verfügen. Nur dann darf er in den Handel gelangen. Mit
diesem Urteil stärkt Europas oberstes Gericht die Rechte von
Verbrauchern. Imker und Umweltverbände sind erleichtert.

Luxemburg (dpa) - Honig mit Spuren gentechnisch veränderter
Pflanzen dürfte nach einem EU-Urteil bald aus den Supermarktregalen
verschwunden sein. Lebensmittel, die auch nur geringste Rückstände
wie Pollen von solchen Pflanzen enthalten, müssten vorher geprüft und
zugelassen werden. Sonst dürfe die Ware nicht in den Handel gelangen,
urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg
(Rechtssache C-442/09). Dies sei unabhängig von der Menge an
Gen-Spuren in dem Produkt.

Im konkreten Fall ging es um Honig aus Bayern, der Pollen des
gentechnisch verränderten Maises vom Typ MON 810 enthielt. Da dieser
in der EU nicht als Lebensmittel zugelassen ist, dürfe der Honig
nicht mehr verkauft werden, schrieb der Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND) nach dem Urteil. Imker könnten von
Landwirten nun Entschädigung verlangen, wenn ihr Honig Spuren von
Gentechnik enthalte, teilte das Bündnis zum Schutz der Bienen vor
Agrogentechnik fest, das den Imker aus der Nähe von Augsburg bei
seiner Klage unterstützt hatte.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium will das Urteil prüfen und
mit den zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über Konseque
nzen
beraten. Dabei gehe es nun besonders darum, «wie die Vorgaben des
Gerichts für den Handel mit Honig möglichst schnell umgesetzt werden
können», sagte ein Sprecher in Berlin. Zudem sei die Europäische
Kommission gebeten, einen Vorschlag über ein einheitliches Vorgehen
in der gesamten EU vorzulegen.

Das Urteil gilt als wegweisend. Vor allem Importhonige aus Nord-
und Südamerika dürften betroffen sein, wo weitaus mehr
Gentechnik-Pflanzen angebaut werden als hierzulande. Der
Richterspruch ist auch eine Schlappe für die EU-Kommission und
Lobbygruppen der Agrarindustrie. Die EU-Kommission hatte
argumentiert, der Honig bedürfe keiner Zulassung, weil Mais-Pollen ja
zufällig und ohne menschliches Zutun in den Honig gelangt seien. Der
Gerichtshof ist dagegen der Auffassung, dass es nicht darauf ankommt,
«ob der Pollen dem Honig absichtlich hinzugefügt oder zufällig
eingetragen wurde.»

Hintergrund war die Klage eines Imkers, der Unterstützung von
Imkerverbänden und ökologischen Anbauverbänden erhielt, gegen den
Freistaat Bayern. Der Mann aus Kaisheim in der Nähe von Augsburg
produzierte Honig sowie Nahrungsergänzungsmittel aus Pollen. Seine
Bienenstöcke standen nur 500 Meter von einem Grundstücks entfernt,
auf dem der Freistaat zu Forschungszwecken gentechnisch veränderten
Mais des Typs MON 810 anbauen ließ. Das Unternehmen Monsanto hatte
1998 die Genehmigung für den Anbau erhalten. Dieser Mais enthält das
Gen eines Bakteriums, das Larven eines Parasiten abtötet.

2005 entdeckte der Imker Karl Heinz Bablok in seinen Bienenstöcken
und seinem Honig Pollen des Gen-Maises und ließ den Honig in einer
Müllverbrennungsanlage vernichten. Den Freistaat verklage er auf
Schadenersatz durch alle Instanzen. Der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof verwies den Fall schließlich nach Luxemburg.

Nach dem Urteil zeigte sich Bablok erleichtert: «Ich hätte nie
gedacht, dass ich solche Wellen schlagen werde», sagte er der
Nachrichtenagentur dpa. «Aber die kleine Biene kann eben doch ganz
schön stechen.»

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte,
die europäische und die deutsche Gesetzgebung müsse nun angepasst
werden. Erforderlich sei, einen Mindestabstand zwischen
Gentechnikfeldern und Bienenstöcken festzulegen. Die Umweltschützer
von Greenpeace forderten von der Bundesregierung, sie müsse
«jeglichen weiteren Anbau von riskanten genmanipulierten Pflanzen
unterbinden».

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## Redaktioneller Hinweis
- KORR-Bericht bis 1800 - ca. 45 Zl

## Redaktioneller Service
- Rechtssache C-442/09

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- [Urteil](http://dpaq.de/gPllB)

## Orte
- [Europäischer Gerichtshof](Rue du Fort Niedergrünewald, Luxemburg)