Der Euro-Rettungsschirm ist in Europa noch nicht durch

07.09.2011 15:59

Berlin (dpa) - Die EU-Beschlüsse zur Rettung des Euro und Stützung
der Defizitstaaten wie Griechenland finden in den EU-Staaten ein
unterschiedliches Echo. Nicht überall ist ihre Bestätigung durch die
nationalen Parlamente sicher. Ein Überblick (Auswahl):

ÖSTERREICH
Die Euro-Hilfen sind in Österreich vor allem bei der Rechten heftig
umstritten. Dennoch gilt die Zustimmung des Landes als sicher. Ab
Herbst wird die rot-schwarze Koalition voraussichtlich mit ihrer
einfachen Mehrheit die Aufstockung des provisorischen
Euro-Rettungsschirms durch den Nationalrat bringen. Schwieriger wird
es beim dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM, für den eine
Zweidrittel-Mehrheit nötig ist. Die Grünen koppeln ihr «Ja» noch an

Bedingungen, werden aber vermutlich nicht blockieren.

SLOWAKEI
Die Slowakei gehört zu den größten Wackelkandidaten der Euro-Rettung.

Als einziges Mitglied der Eurozone verweigerten die Slowaken im
Vorjahr eine Beteiligung an der Griechenlandhilfe. Die notwendige
Zustimmung des Parlaments zu EFSF-Erweiterung und ESM-Einführung gilt
derzeit als unmöglich.

GRIECHENLAND
In Griechenland sind praktisch alle für die Hilfspakete und
Euro-Rettungsmechanismen. Das Land wartet darauf wie ein Ertrinkender
auf einen Rettungsring.

FRANKREICH:
In Frankreich steht die Abstimmung über das neue Hilfspaket für
Griechenland und die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms (EFSF)
unmittelbar bevor. Es gibt keinen nennenswerten Widerstand, obwohl
der über den EFSF-Fonds finanzierte Hilfsplan für Griechenland die
Verschuldung Frankreichs laut Regierung bis 2014 um 15 Milliarden
Euro erhöht. Die Sozialisten wollten sich enthalten, da ihnen das
Projekt nicht weit genug geht: Sie fordern auch Eurobonds.

ITALIEN
In Italien, das im eigenen Interesse auch die von Deutschland
abgelehnte Einführung von Eurobonds verlangt, regt sich kein
Widerstand gegen den Rettungsschirm. Verfassungsprobleme sind nicht
bekannt. Allerdings konzentriert sich die Politik in Rom derzeit auf
die eigenen Sparpakete.

SPANIEN
Auch in Spanien gibt es keinen nennenswerten Widerstand gegen die
geplante Ausweitung des Euro-Rettungsschirms. Das Thema spielt in der
Öffentlichkeit keine Rolle, obwohl Spanien einen erheblichen Teil zum
Geld beisteuern muss. Das Madrider Parlament soll die Beschlüsse der
Euro-Zone noch vor der Neuwahl im November billigen. Spanien rief die
anderen Länder dazu auf, die Maßnahmen ebenfalls rasch umzusetzen, um
die Finanzmärkte zu beruhigen und die Schuldenkrise zu entspannen.

PORTUGAL
Anders als bei der ersten Griechenlandhilfe 2010 gehört Portugal
inzwischen zu den Nehmerländern. Das ärmste Land Westeuropas
konzentriert sich daher ganz auf die eigenen - recht erfolgreichen -
Spar- und Sanierungsmaßnahmen. Es gibt kaum Widerstand gegen die
EU-Pläne und keine Verfassungsprobleme. In der Öffentlichkeit spielen
Griechenland und EFSF-Erweiterung keine Rolle. Die Beschlüsse der
Euro-Zone sollen in den nächsten Wochen gebilligt werden.

IRLAND:
Das von der Bankenkrise erschütterte Irland hängt am Finanztropf der
Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds. Irland wurden
2010 im Rahmen des EFSF 85 Milliarden Euro Kredite zugesagt. Obwohl
es Proteste gegen die strikten Sparpläne gab, treibt die Regierung
die Haushaltssanierung voran. Probleme bei der Ratifizierung des ESM
sind nicht zu erwarten; ein Referendum soll es nicht geben.

BELGIEN:
Über die Umsetzung der Gipfelbeschlüsse vom 21.7. wird derzeit im
Haushalts- und Finanzausschuss des belgischen Parlaments beraten. Am
13.9. ist die Vollversammlung des Parlaments an der Reihe. Bisher
sind keine politischen Streitereien darüber auszumachen.

Die Reform ist auch für die EU-Länder außerhalb der Euro-Zone ein

Thema, die keinen Finanzbeitrag für den neuen Rettungsmechanismus
leisten müssen. Beispiele:

TSCHECHIEN
Die Euro-Rettungsprogramme haben die Euro-Skepsis in Tschechien
verstärkt. Die Mitte-Rechts-Regierung hält an der Krone als Währung
fest und will sich nicht auf einen Termin zur Euro-Einführung
festlegen. Kritik kommt von Teilen der Exportwirtschaft, die
überwiegend in den Euro-Raum liefert.

GROSSBRITANNIEN:
Das größte EU-Land ohne Euro sieht durch die Finanzkrise im Euroraum
seinen mächtigen Finanzsektor bedroht. Premierminister David Cameron
erklärt daher die Rettung der Eurozone für «im britischen nationalen

Interesse». London beteiligte sich bereits mit 3,8 Milliarden Euro an
der Rettung Irlands. Die Regierung steht aber unter starkem Druck
hartgesottener Kritiker in Camerons euroskeptischer Tory-Partei.

# dpa-Notizblock