Griechen in Not: «Wir brauchen 300 Rehhagels» Von Takis Tasfos, dpa

27.09.2011 12:57

Trotz aller Spannungen haben Deutsche in Griechenland einen guten
Ruf. Dazu trug nicht zuletzt Trainerlegende Otto Rehhagel bei. Er
schaffte im griechischen Fußball ein Wunder, das sich viele nun für
die Wirtschaft herbeiwünschen.

Athen (dpa) - Was viele Griechen über die Deutschen denken,
formuliert Eva Papadopoulou so: «Wenn wir auch nur einen Teil ihrer
Organisation übernehmen würden, dann würden wir wohl heute nicht
jammern, dass unsere Renten in Gefahr sind.» Das Image des Deutschen
ist in Griechenland nicht schlecht. «Jedenfalls nicht schlechter als
in vielen Nachbarstaaten Deutschlands», sagt Papadopoulou, die zwölf
Jahre lang in München lebte.

Fast jeder zehnte Grieche hat mindestens zehn Jahre lang in
Deutschland verbracht. Viele haben noch Verwandte dort und es gibt in
Griechenland rund 15 000 deutsch-griechische Ehepaare. Sie sind die
eigentlichen Botschafter beider Länder und ärgern sich über Versuche

der Boulevardpresse, mit emotionalen Argumenten die jeweils andere
Seite schlecht zu machen. «Dagegen wehren wir uns, und wir werden es
weiter tun», sagt Marianne Jordan, die seit 32 Jahren in Griechenland
lebt. «Wir Deutsche sind nicht Nazis - wie einige hier sagen - und
die Griechen sind nicht faul von Natur aus, wie einige Politiker in
Deutschland meinen. Das brauchen wir nicht. Das sind krankhafte
Aussagen und die müssen einfach ignoriert werden.»

Vorbild für eine deutsch-griechische Kooperation könnte der
Fußball sein: Alle Griechen erinnern sich daran, wir es der legendäre
deutsche Trainer Otto Rehhagel schaffte, 2004 mit seinen Griechen
Europameister zu werden - die bislang größte Sensation in der
Geschichte des griechischen Fußballs. «Vielleicht brauchen wir 300
Rehhagels, die uns motivieren wie damals Otto, um ein neues Wunder
diesmal in der Wirtschaft zu verwirklichen», sagt Nikos Tsamazis,
Angestellter einer deutschen Firma in Athen.

Auch im Tourismus genießen Deutsche einen guten Ruf. «Er will
genau das haben, wofür er bezahlt hat und ist dann zufrieden»,
beschreibt Christos Pilatakis, Hoteldirektor auf der Touristeninsel
Rhodos, den typischen Urlauber aus Deutschland. Deutsche treten in
Griechenland nicht in Massen auf und sie sind in der Regel nicht
laut. «Unsere Deutschen sind eher gebildet und wissen, was das Land
und seine Leute zu bieten haben», sagt Pilatakis. Sie seien auch
unmittelbar nach dem Krieg willkommen gewesen - und das sogar in
manchen Dörfern, in die Hitlers Wehrmacht Tod und Zerstörung gebracht
hatte.

In der griechischen Politik dagegen versuchen extrem links-
beziehungsweise rechtsorientierte Gruppierungen immer wieder das
Stereotyp des «Deutschen Besatzers» zu erzeugen und auch die
aktuellen Sparauflagen für Griechenland als eine Art neue Besatzung
zu präsentieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird gelegentlich mit
Nazi-Symbolen gezeigt.

Einige Deutsche spielen mit Argumenten wie diesem: «Fahren wir
nach Griechenland und zahlen nichts, wir haben schon alles bezahlt.»
Dafür hat Gymnasiallehrer Ioannis Kapsidelis wenig Verständnis: «Sie

können offenbar nicht begreifen, dass wir alle Europäer sind und alle
mal Fehler in unserer Geschichte gemacht haben. Das sollten wir jetzt
lassen.»

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