Reaktionen zum EU-Datenschutz: Gute Grundlage, Mängel im Detail

25.01.2012 17:23

Gemeinsame europäische Standards für den Schutz der Privatsphäre im
Internet - das wollen alle. Die Brüsseler Datenschutz-Vorschläge
stoßen im Detail aber auf Kritik. Ein Vorwurf: Die Bestimmungen
können mit der Entwicklung der Technik nicht Schritt halten.

Berlin (dpa) - Die Initiative der EU für einheitliche
Datenschutzstandards in Europa hat in Deutschland ein grundsätzlich
positives Echo gefunden. Zu Details wurde aber auch deutliche Kritik
laut. Die Vorschläge der EU-Kommission für einen neuen
Datenschutz-Rechtsrahmen seien «eine gute Grundlage, auf deren Basis
allerdings noch einige Verbesserungen vorgenommen werden sollten»,
sagte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar. Er
erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich in den anstehenden
Beratungen der EU aktiv für einen verbesserten Datenschutz einsetze,
erklärte Schaar.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erklärte, «eine
gegebenenfalls grundlegende Überprüfung des nationalen und des
europäischen Datenschutzrechts» sei überfällig. Es müsse jetzt
gelingen, das Datenschutzrecht im Zuge der anstehenden Verhandlungen
auf EU-Ebene einfacher und effektiver zu machen. Allerdings sehe er
mit Blick auf den künftigen «Datenaustausch im Sicherheitsbereich ...
große Probleme bei der effektiven Wahrnehmung der
Sicherheitsaufgaben», falls die Vorschläge der EU-Kommission
umgesetzt werden sollten.

Die für den Verbraucherschutz zuständige Bundesministerin Ilse
Aigner (CSU) sagte, wichtig seien gemeinsame europäische
Datenschutzstandards «mit einer globalen Anziehungskraft». Dabei
müsse das in Deutschland erreichte hohe Datenschutzniveau gewahrt
bleiben.

Für die Grünen erklärte die Fraktionsvorsitzende Renate Künast,

der Entwurf weise in die richtige Richtung: «Datenschutz und digitale
Welt müssen zusammengeführt werden.» Das in den Vorschlägen
enthaltene «Recht auf Vergessen» sei der richtige Denkansatz, wenn es
um das Löschen von Inhalten im Internet gehe.

Hingegen kritisierte der Bundesvorsitzende der Piratenpartei,
Sebastian Nerz, das von EU-Kommissarin Viviane Reding betonte Recht
auf Vergessen im Internet offenbar «ein beinahe naives Verständnis
von Technik». Die angestrebte europäische Novelle sei zwar im Prinzip
zu begrüßen, aber in Teilen technisch nicht durchsetzbar und völlig
abwegig. Wenn die neue Norm endlich in Kraft trete, habe sich die
Technik im Internet längst weiterentwickelt.

Auch die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion
Gisela Piltz, kritisierte: «Leider sind die Brüsseler Vorschläge an
einigen Stellen bereits veraltet, bevor sie überhaupt Wirkung
entfaltet haben.» Angesichts digitaler Datenströme könnten national
wirkende Regelungen allein den Schutz von Persönlichkeitsrechten aber
nicht mehr effektiv gewährleisten.

Bei der Deutschen Telekom erklärte Datenschutzbeauftragter
Claus-Dieter Ulmer, für ein international tätiges Unternehmen sei die
Harmonisierung innerhalb Europas ein nicht zu unterschätzender
Vorteil. «Systeme, Plattformen und Geschäftsmodelle können endlich
international aufgesetzt werden, ohne aufgrund einzelstaatlicher
Gesetzgebung verschiedene und kostenintensive Lösungsansätze
entwickeln zu müssen.»

Dies begrüßte im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) auch
der Datenschutzexperte Thomas Schauf. Problematisch sei aber «die
offenbar vorgesehene extreme Ausweitung des Konzepts der
"personenbezogenen Daten".» Wenn der Nutzer mit einer «Inflation von
Einwilligungsanfragen» auch bei technischen Daten konfrontiert werde,
sei dies kaum in seinem Interesse. Auch der Präident des
IT-Fachverbands Bitkom, Dieter Kämpf, wandte sich dagegen, «das Web
zu einem Hindernis-Parcours» umzubauen».

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