Fahrlässigkeit in Bulgarien - aus Regen wurde Flutkatastrophe

08.02.2012 14:49

Bei strömendem Regen liefen in Bulgarien viele Stauseen und Flüsse
über die Ufer. Acht Menschen kamen ums Leben. Ein ganzes Dorf wurde
überflutet. Doch die Tragödie war von den Behörden hausgemacht.

Sofia (dpa) - Die Flutkatastrophe in Bulgarien, bei der acht
Menschen ertranken, ist nach Auffassung von Experten großenteils
selbstgemacht. Verantwortlich für die Tragödie seien die fahrlässigen

Behörden, sagte der Hydro-Ingenieur Dimitar Kissljakow im privaten
Fernsehsender bTV am Mittwoch in Sofia. Bei strömendem Regen waren am
Montag im Süden des Balkanlandes viele Stauseen und Flüsse
übergelaufen. Allein in dem Dorf Bisser, das übersetzt «Perle» hei
ßt,
ertranken vier ältere Männer.

Doch die Menschen in dem Dorf wussten seit sechs Jahren, dass der
Damm des übergelaufenen Stausees Iwanowo Risse hat. Vergeblich hätten
sie nach eigener Darstellung versucht, die Behörden dazu zu bewegen,
den Damm zu festigen. Doch die schoben sich die Verantwortung
gegenseitig zu. Der renommierte Soziologe Andrej Rajtschew verglich
den Fall Bisser mit «dem, was da auf dem versunkenen Schiff («Costa
Concordia») geschah».

2007 hatte es eine ähnliche Tragödie mit acht Ertrunkenen gegeben
- damals war in dem Städtchen Zar Kalojan ein Fluss über die schlecht
abgesicherten Ufer getreten. Beide Fälle werfen Licht auf die
Zustände in dem neuen EU-Land. So wusste nach der jüngsten
Katastrophe keine Behörde, wem die gut 3000 Stauseen im Land gehören
und wer sie gerade betreibt. Viele von ihnen sind in private Hände
übergegangen und werden für die Fischzucht genutzt. Die unzureichende
Instandhaltung vieler Stauseen gefährde nach einem Bericht der
Zeitung «24 Tschassa» das Leben von mehr als einer Million Menschen.

Zudem gab es sowohl 2007 als auch jetzt kein Frühwarnsystem. Die
Bürgermeisterin von Bisser lief nach Berichten von Dorfbewohnern eine
Minute vor der Flutwelle durch die Straßen und rief den Menschen zu,
ihre Häuser zu verlassen. Doch die Zeit reichte kaum - viele
kletterten auf die Dächer und mussten mit Helikoptern gerettet
werden. Eine verzweifelte Frau aus dem Dorf hatte bTV angerufen, um
Hilfe zu fordern. Bilanz der Fahrlässigkeit sind Dutzende zerstörte
Häuser und massenweise ertrunkenes Zuchtvieh. Ihre Häuser hatten die
Dorfbewohner nicht versichert.

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## Orte
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