IW Köln: Euro-Sorgenkinder legen bei Exporten kräftig zu

11.04.2012 10:34

Köln (dpa) - Die Euro-Sorgenkinder Griechenland, Spanien, Portugal
und Italien haben zuletzt deutlich mehr Waren exportiert und damit
international Boden gutgemacht. Nach Angaben des Instituts der
deutschen Wirtschaft in Köln (IW) sind die Handelsbilanzdefizite seit
den Höchstständen im Jahr 2008 bis 2011 zum Teil deutlich
geschrumpft. So verringerte etwa Spanien sein Minus im Außenhandel
mit Waren und Dienstleistungen von 5,8 Prozent auf noch 0,5 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts, wie das IW am Mittwoch mitteilte.
Griechenland und Portugal konnten ihre Defizite in der Handelsbilanz
demnach immerhin um mehr als die Hälfte abbauen.

Zu dieser Entwicklung hat nach Einschätzung der Konjunkturexperten
vor allem das dynamische Exportwachstum seit 2009 beigetragen. Allein
im Jahr 2011 seien die Ausfuhren in Portugal, Griechenland und
Spanien um schätzungsweise 7 bis 9 Prozent gestiegen - und damit in
etwa so stark wie in Deutschland. Zudem konnten die Länder auf ihren
Absatzmärkten Marktanteile hinzugewinnen.

«Bemerkenswert ist diese positive Entwicklung umso mehr, als sich
an der Preis- und Kostensituation der Euro-Krisenländer im
vergangenen Jahr meist nur wenig geändert hat», analysiert das IW.
Vor diesem Hintergrund sei es zweifelhaft, ob diese Staaten wirklich
weitere drastische Lohnsenkungen vornehmen müssen, um ihre
internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Auch der US-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz
warnte die Regierungschefs in Europa davor, die Krisenstaaten zu noch
größeren Sparbemühungen zu drängen. Der harte Sparkurs in vielen
Ländern verstärke den Abschwung, Europa drohe deshalb die zweite
Rezession in kurzer Zeit, sagte der frühere Chefökonom der Weltbank
der «Süddeutschen Zeitung» (Mittwoch) und fügte hinzu: «Eine
Überdosis Sparen macht alles nur schlimmer.» Weltweit gebe es kein
Beispiel dafür, dass Kürzungen von Löhnen, Renten und
Sozialleistungen ein krankes Land genesen ließen. «Demokratien können

nur ein begrenztes Maß an Einschnitten vertragen, ohne dafür Erfolge
zu sehen.»

Der Euroraum brauche stattdessen eine gemeinsame Haushaltsbehörde,
die regionale Unterschiede in der Wirtschaftskraft ausgleichen könne.
Die Behörde solle etwa Staaten, in denen hohe Arbeitslosigkeit
herrscht, zusätzliche Finanzmittel bereitstellen. Trotz aller
Schwierigkeiten bescheinigt der Wissenschaftler Europa eine «große
Zukunft». Infolge der Krise würde sich aber die Macht in der
Weltwirtschaft von Europa und den USA in Richtung China und Indien
verschieben.

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## Internet
- [IW Köln](http://dpaq.de/Cez5N)
- [Website Joseph Stiglitz](http://dpaq.de/irzgX)