Grundsatz-Ja zum Fiskalpakt - Bund und Länder beraten Lastenteilung

14.06.2012 18:33

Eine Einigung in letzter Minute scheint in greifbare Nähe gerückt:
Geht alles glatt, stimmen am 29. Juni Bundestag und Bundesrat dem
Fiskalpakt zu. Das wäre eine gute Nachricht für Europa.

Berlin (dpa) - Koalition und Opposition wollen den umstrittenen
europäischen Fiskalpakt wohl am 29. Juni zusammen mit dem
Euro-Rettungsschirm ESM verabschieden. Das teilten die
Koalitionsfraktionen nach Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel
(CDU) und den Partei- und Fraktionsvorsitzenden in Berlin am
Donnerstag mit. Der Bundesrat soll in einer Sondersitzung noch am
selben Abend entscheiden.

Bei einem Gespräch Merkels mit den Ministerpräsidenten zeichnete
sich Annäherung bei der Teilung der Fiskalpakt-Lasten zwischen Bund
und Ländern ab. Angesichts der sich verschärfenden Schuldenkrise in
Ländern wie Spanien und der Schicksalswahl in Griechenland am Sonntag
will Deutschland ein starkes Signal an die nervösen Märkte senden.

SPD und Grüne pochten wie die Länder darauf, dass bis zu einer
endgültigen Zustimmung Bedingungen erfüllt sein müssten. Die
Koalition braucht bei der Umsetzung des Fiskalpaktes Stimmen der
Opposition. Wie im Bundestag ist auch in der Länderkammer eine
Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.

Merkel will am Nachmittag des 29. Juni vom EU-Gipfel in Brüssel
nach Berlin zurückreisen, um an der Bundestagssitzung teilzunehmen.
Sie dringt darauf, den Pakt für mehr Haushaltsdisziplin gemeinsam mit
dem ESM noch vor dessen Inkrafttreten am 1. Juli zu ratifizieren.

In einer Regierungserklärung zum G20-Gipfel der wichtigsten
Wirtschaftsmächte kommende Woche verteidigte Merkel ihren
umstrittenen Kurs in der Euro-Schuldenkrise. Zugleich warnte sie:
«Auch Deutschlands Kräfte sind nicht unbegrenzt.» Schuldenfinanzierte

Wachstumprogramme lehnte die Kanzlerin erneut strikt ab.

Die Spitzenrunde von Koalition und Opposition zu Fiskalpakt und
ESM will am 21. Juni erneut mit Merkel zusammenkommen. Nach dem
Treffen der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich,
Italien und Spanien am 22. Juni ist zudem am 23. Juni eine weitere
Begegnung der Partei- und Fraktionsvorsitzenden vorgesehen. Laut
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sollen am 29. Juni, dem
letzten regulären Sitzungstag des Parlaments vor der Sommerpause, um
17.00 Uhr die abschließenden Beratungen über Fiskalpakt und ESM
beginnen. Dann solle abgestimmt werden.

Merkel sagte nach einem Treffen mit den Länder-Chefs mit Blick auf
den Fiskalpakt: «Der Geist ist so, dass wir hier auch eine Einigung
finden wollen.» Weitere Gespräche zur Lösung der unterschiedlichen
Vorstellungen seien vereinbart. Dabei gehe es «nur noch um die
Definition der Risiken». Noch am späten Donnerstagabend wollten die
Länder mit Kanzleramtschef Ronald Pofalla über Details sprechen.

Nach Angaben des neuen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein
und amtierenden Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz,
Torsten Albig (SPD), ist für die Länder wichtig, dass auf sie keine
untragbaren zusätzlichen Lasten zukommen. Der Regierungschef von
Sachen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), betonte, es gehe nicht um
Erpressung, sondern darum, zusätzliche Risiken mindestens zu teilen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, bei den nächsten Gesprächen müsse
geklärt werden, «was der richtige Weg ist, um Europa aus der Krise
herauszubekommen. Deswegen glaube ich, sind wir uns alle der
Verantwortung bewusst.» Aus der SPD-Fraktionsspitze hieß es,
unverzichtbare Bedingung für eine Zustimmung sei, dass Merkel beim
EU-Gipfel beim Thema Finanztransaktionssteuer liefere. Zudem bestehe
man auf einem Kabinettsbeschluss zur Besteuerung der Finanzmärkte.

Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sagte: «Die Regierun
g
muss sich bei der Frage der Schulden und des Zinsdrucks auf die
Krisenländer bewegen.» Am 24. Juni wollen die Grünen ihre Haltung auf

einem kleinen Sonderparteitag abstimmen. Die SPD will an diesem
Samstag bei einem kleinen Parteitag über das Thema debattieren.

Mit den deutschen Beschlüssen soll auch ein Signal an die stark
verunsicherten Märkte gesendet werden: Angesichts der wegweisenden
Wahl in Griechenland liegen die Nerven dort derzeit blank. Nachdem
das Euro-Schwergewicht Spanien von der Ratingagentur Moody's
abgestraft wurde, zogen Anleger nach. Der Zinssatz für spanische
Zehn-Jahres-Anleihen stieg zeitweise auf ein Rekordhoch und kratzte
an der kritischen Marke von 7 Prozent. Euro-Sorgenkind Italien
sammelte zwar erfolgreich frisches Geld ein, muss den Investoren aber
immer höhere Zinsen bieten.

# dpa-Notizblock

## Internet
- [Eckpunkte Finanzsteuer]( http://dpaq.de/1bIXI)
- [Gesetzentwurf Fiskalpakt]( http://dpaq.de/qjeFj)
- [Fiskalpakt]( http://dpaq.de/pGgK1)
- [Stellungnahme Bundesrat]( http://dpaq.de/vGqtP)
- [Vorschlag EU-Kommission für FTT]( http://dpaq.de/2OoDb)

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