Kanzlerin Merkel gibt vor EU-Gipfel Regierungserklärung ab

27.06.2012 05:30

Krisenpolitik und kein Ende: Am Mittag gibt Kanzlerin Merkel eine
Regierungserklärung vor dem Bundestag ab, abends geht es zum
französischen Präsidenten nach Paris. Und schon am Donnerstag folgt
ein zweitägiger EU-Gipfel in Brüssel.

Berlin (dpa) - Einen Tag vor dem EU-Gipfel in Brüssel stellt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heute (Mittwoch/1230) den
Abgeordneten des Bundestags die Position der Regierung vor. Merkel
hat unter anderem Bedenken gegen ein Papier von EU-Ratspräsident
Herman Van Rompuy, der zur Bekämpfung der Krise eine weitere
Einschränkung nationaler Souveränitätsrechte zugunsten der
europäischen Institutionen gefordert hat.

Bereits am Dienstag hatte die Kanzlerin vor den Fraktionen von
Union und FDP bekräftigt, dass sie eine Schuldengemeinschaft der
Euro-Länder ablehne. Berlin fordert, vor einer gemeinsamen Haftung
zunächst die europäische Integration voranzutreiben.

Auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnt vor der raschen
Einführung sogenannter Euro-Bonds oder Euro-Bills. In der
gegenwärtigen Diskussion plädierten allzu viele Stimmen für die
Einführung einer Gemeinschaftshaftung, schreibt er in einem
Gastbeitrag für die «Süddeutsche Zeitung» (Mittwoch). Der Versuch,

«den letzten Schritt einer vertieften Integration zuerst zu machen
und die anderen zu unterlassen, droht die Währungsunion zu
gefährden».

Zugleich äußerte er die Befürchtung, dass der erforderliche
Souveränitätsverzicht der Mitgliedstaaten sowie die nötigen
Anpassungen in EU-Verträgen und nationalen Verfassungen einfach
«ausgeblendet» würden. «Versuche, sich daran trickreich
vorbeizumogeln, untergraben mehr und mehr das für die Zukunft der
Währungsunion erforderliche Vertrauen», so Weidmann.

CDU-Fraktionsvize Michael Meister warnte vor einer europäischen
Bankenunion «um jeden Preis». Bei diesem Thema gebe es «Chancen und
Risiken», sagte der Finanzpolitiker der «Neuen Osnabrücker Zeitung»

(Mittwoch). Eine verbesserte gemeinschaftliche Aufsicht über die
Geldhäuser sei aufgrund der schlechten Erfahrung aus der Finanzkrise
absolut überfällig. Eine europäische Haftungsgemeinschaft für die
Risiken der Geldhäuser lehnte auch der CDU-Politiker dagegen strikt
ab. «Das sollten wir in den Giftschrank wegsperren.»

In der von Finanzminister Wolfgang Schäuble angestoßenen Debatte
über Volksabstimmungen zur Euro-Hilfe pflichtete der Vorsitzende des
Europa-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), seinem
Parteikollegen bei. Um die Schuldenkrise zu bewältigen, «müssen
weitere Souveränitätsrechte abgegeben werden, was an die Grenzen des
Grundgesetzes stoßen würde», sagte Krichbaum der «Rheinischen Post
»
(Mittwoch). «Daher bin ich ganz auf der Seite von Wolfgang Schäuble:
Wir brauchen in absehbarer Zeit eine Volksabstimmung.» Diese werde
aber erst in einigen Jahren stattfinden können.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion,
Thomas Oppermann, sagte den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe
(Mittwoch), dass die Union nun eine Volksabstimmung zur Zukunft
Europas fordere, sei «nicht falsch, aber schlicht populistisch». Die
SPD fordere mehr - nämlich «eine Verfassungsänderung zur generellen
Einführung von Volksentscheiden», sagte Oppermann. «Es wäre viel zu

wenig, wenn wir direkte Demokratie nur für die Euro-Frage einführen,
weil es gerade opportun erscheint.» Notwendig sei «mehr direkte
Demokratie insgesamt.»

Kanzlerin Merkel fliegt am Abend zu einem Treffen mit Frankreichs
Präsidenten François Hollande nach Paris. Auch dieser Termin dient
der Vorbereitung des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag. Hollande
setzt sich vor allem für ein umfassendes Wachstumspaket ein, mit dem
Investitionen und Beschäftigung in der Eurozone finanziert werden
sollen.

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