Europarat macht sich für Pressefreiheit stark

30.04.2013 16:40

Die Pressefreiheit in Europa lässt zu wünschen übrig. Der Europarat
will das Problem deshalb verstärkt angehen. Bei einigen Sorgenkindern
wie Ungarn und Türkei kann er bereits Erfolge vorweisen.

Straßburg (dpa) - Der Europarat sorgt sich um die Pressefreiheit.
In mehreren europäischen Ländern würden Journalisten noch immer
unterdrückt und ihre Arbeit werde zensiert, kritisierte der
Generalsekretär des Rates, Thorbjørn Jagland, am Dienstag in
Straßburg. «Wahre Demokratie existiert aber nur dann, wenn
Journalisten frei arbeiten können.» Der Rat werde sich deshalb
verstärkt mit diesem Thema beschäftigen. Jagland äußerte sich vor d
em
Internationalen Tag der Pressefreiheit, der am 3. Mai zum 20. Mal
begangen wird.

Als einen Problemfall nannte der Generalsekretär Aserbaidschan.
Die Regierung dort missachte bislang grundlegende Regeln der
Pressefreiheit, schicke sich aber an, im Mai 2014 die
Ratspräsidentschaft zu übernehmen. «Wir haben einen Aktionsplan
vorgelegt und wir erwarten, dass die Regierung auf uns zukommt.» Der
Rat werde es nicht bei bloßer Kritik an den Umständen belassen.
Entscheidend sei, dass entsprechende Gesetze erlassen und umgesetzt
werden. «Nur das garantiert den Reformfortschritt.»

Als weitere Sorgenkinder nannte Jagland Ungarn und die Türkei.
Allerdings zeichneten sich in diesen Ländern erste positive
Entwicklungen ab. Vor zwei Jahren etwa habe der Europarat in der
Türkei deutlich gegen Masseninhaftierungen von Journalisten Stellung
bezogen und Gesetzesänderungen angemahnt. Hauptkritikpunkt war die
Regel, dass jeder Journalist, der über Terrororganisationen
berichtete, wegen Propaganda angeklagt und verurteilt werden konnte.

Mit der neuen Rechtsreform ist nach Angaben von Jagland diese
Regel vom Tisch. «Ich gehe davon aus, dass jetzt viele - vielleicht
Hunderte - Journalisten freigelassen werden. Und dass keine neuen
Journalisten mehr eingesperrt werden.» Damit sei ein wichtiger
Schritt getan, weitere müssten folgen. Als gutes Signal wertete der
Generalsekretär ein Programm zur Modernisierung der Justiz. Dafür
hätten türkische Richter unter anderem Gerichte in Straßburg und
Berlin besucht, um sich mit dem Thema Menschenrechte
auseinanderzusetzen.

Auch in Ungarn gebe es bei aller Kritik an der Regierung erste
Fortschritte. Die Leitung der staatlichen Medien- und
Kommunikationsbehörde werde jetzt nach fachlichen Kriterien besetzt.
Die Amtszeit ihres Präsidenten und der Mitglieder sei auf neun Jahre
beschränkt worden - zuvor gab es kein Limit. Ein gutes Zeichen sei
auch, dass ein Gericht das Verbot des regierungskritischen Senders
«Klubrádió» aufgehoben habe, sagte Jagland. «Wir werden jetzt wei
tere
Aktionen starten, um die Debatte über Meinungs- und Pressefreiheit
ins Land zu tragen.»

Der Generalsekretär rief alle europäischen Ländern auf, genau auf

die Entwicklung ihrer Medienlandschaft zu achten. «Wir werden immer
wieder Zeugen von Versuchen, Journalisten zum Schweigen zu bringen.»
Zudem erkenne er einen Trend zur Selbstzensur. Auch die Konzentration
von Medien in den Händen weniger Besitzer stelle in etlichen Ländern
die Meinungsvielfalt infrage. Der Europarat werde alle Staaten dabei
unterstützen, die europäischen Standards für Meinungs- und
Pressefreiheit umzusetzen.