Londons Klage gegen Bonus-Bremse sorgt für schweren Ärger bei EU

26.09.2013 16:23

Großbritannien klagt vor dem höchsten EU-Gericht gegen die
EU-Bonusbremse für Spitzenbankiers. Aus dem Europaparlament kommt
fraktionsübergreifend ungewöhnlich harte Kritik.

Brüssel/London (dpa) - Die Klage der britischen Regierung gegen
die europaweite Begrenzung von Bonuszahlungen für Banker sorgt in
Brüssel für neuen Ärger. Der Gang zum höchsten EU-Gericht sei «ei
n
durchsichtiges innenpolitisches Manöver ohne Substanz», kritisierte
der konservative Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, in
ungewöhnlicher Schärfe. Der SPD-Europaparlamentarier Udo Bullmann
nannte das Vorgehen eine «letzte Verzweiflungstat». Die
Volksvertretung war bei der Gesetzgebung eingebunden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte am Donnerstag, dass
Großbritannien bereits am 20. September Klage gegen die Obergrenzen
eingereicht habe (Rechtssache C-507/13). Sie habe keine aufschiebende
Wirkung für die Regeln, die am 1. Januar 2014 in Kraft treten sollen.
Verfahren vor dem EuGH dauern in der Regel ein bis zwei Jahre.

Laut Gericht wendet sich London gegen die Vorgaben zweier
EU-Gesetze vom Juni, die die Tätigkeit von Banken regeln. Darin wird
die Zahlung von Boni an Mitarbeiter von Banken und Investmentfirmen
auf maximal zwei Jahresgehälter begrenzt. Diese Vorgaben sind nach
Ansicht Londons nicht vom EU-Recht gedeckt.

«In den monatelangen Verhandlungen haben die Briten die nun
angeführten Argumente nie gebracht», resümierte der Parlamentarier
Karas. Der SPD-Parlamentarier Bullmann sagte: «Statt den britischen
Bankensektor neu aufzustellen, betreibt die britische Regierung
weiter Lobbypolitik.»

London hatte lange Widerstand gegen die Gesetzgebung geleistet und
fürchtet um die internationale Bedeutung seines Finanzplatzes. Ein
Argument lautet, dass statt der Boni die Fixgehälter für Banker
erheblich steigen werden. Damit würden die auch international
anerkannten Anstrengungen zur Stabilisierung des Bankenwesens in
Großbritannien konterkariert.

Wie Diplomaten berichteten, verzögert London auch die Schaffung
einer gemeinsamen Aufsicht für Großbanken der Eurozone. Die
EU-Minister für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft konnten in
Brüssel nicht wie eigentlich geplant die nötigen Texte unter Dach und
Fach bringen. Das britische Parlament wolle noch Details prüfen, hieß
es. Eine Debatte zu dem Kompromiss für die Aufsicht, der bereits vom
EU-Parlament gebilligt wurde, war in der Ministerrunde nicht
vorgesehen. Nun müssen wohl die EU-Finanzminister Mitte kommenden
Monats die Texte absegnen.

Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold kritisierte den
britischen Bremskurs im Ministerrat. «Die Prüfung eines Abkommens ist
grotesk. Es ist seit Wochen praktisch ausverhandelt und gibt
britischen Europaabgeordneten Rechte gegenüber der
EZB-Bankenaufsicht, bei der Sie nicht mal mitmachen.» Die Europäische
Zentralbank (EZB) soll vom September kommenden Jahres an die etwa 130
wichtigsten Geldhäuser der Eurozone direkt beaufsichtigen. Den
Rechtstexten müssen alle 28 EU-Staaten zustimmen.